ÖVP-Parteichef Michael Spindelegger gibt sich wortkarg und äußert sich nicht zu den Steuerideen aus der SPÖ oder aus der eigenen Partei. Am Ende werde allerdings "ein Kompromiss" mit dem Koalitionspartner stehen.
Wien/Aich. Eigentlich hatte die ÖVP am Montag zu einer Pressekonferenz geladen, um sich kurz vor Weihnachten als Familienpartei zu präsentieren. Aber weil sich die dazu geladenen Parteivertreter größtenteils damit begnügten, alte Forderungen „vorzustellen“, rückte das Thema Sparpaket in den Mittelpunkt. Zum Leidwesen von Parteiobmann Michael Spindelegger, der sichtlich bemüht war, nicht zu viel zu dem sensiblen Thema zu sagen.
Zu den Ideen der SPÖ werde er sich nicht äußern, weil der Koalitionspartner ihm diese nicht vorgelegt habe, meinte Spindelegger etwa. Und er kommentiere nichts, was bloß in den Medien stehe. Der ÖVP-Obmann blockte bei der Pressekonferenz so oft ab, dass er von Journalistenseite gefragt wurde, ob er schüchtern geworden sei. Den Ball nahm Spindelegger dann sogar dankbar auf, als nachgehakt wurde, was er vom Vorschlag seines Parteikollegen und Wirtschaftsministers Reinhold Mitterlehner halte. Dieser hatte ein Verhältnis zwischen Einsparungen und Steuererhöhungen von 70:30 vorgeschlagen. „Ich bleibe schüchtern“, sagte Spindelegger, um der Antwort zu entkommen. Auch Mitterlehner versucht mittlerweile, seine Aussagen zu relativieren. Er habe nur im Konjunktiv über die 70:30 Variante gesprochen und auf internationale Beispiele zur Haushaltssanierung hingewiesen.
Das Spiel hat einen konkreten Hintergrund: Spindelegger will sich weiterhin öffentlich als jener Mann darstellen, der komplett gegen Steuererhöhungen auftritt. Dementsprechend betonte der ÖVP-Chef erneut, dass man den Staatshaushalt zu hundert Prozent ausgabenseitig sanieren könne, wenn man das nur wolle. So richtig glaubt der ÖVP-Chef aber mit Blick auf seinen Koalitionspartner dann doch nicht an sein Credo. „Ich bin Realist“, erklärte der Vizekanzler. Am Ende werde „ein Kompromiss stehen“.
Keinen Widerspruch zur Regierungslinie erblickte Spindelegger in den Äußerungen von Finanzministerin Maria Fekter. Sie hatte zuletzt von 2,8 Milliarden Konsolidierungsbedarf gesprochen, während sich die Regierung in der Vorwoche die Einsparungslatte auf zwei Milliarden gelegt hatte. Man habe damit den Bedarf auf Bundesebene (ohne Länder und Gemeinden) gemeint, Fekter aber die Summe aller Gebietskörperschaften, sagte Spindelegger. Er sei aber weiter optimistisch, dass die Schuldenbremse mit Hilfe der Opposition doch noch in der Verfassung verankert wird, so der Vizekanzler.
Neue Obsorgeregeln, strengere Schulpflicht
Im Familienbereich will die ÖVP wie in den vergangenen Jahren dafür kämpfen, dass die gemeinsame Obsorge nach der Scheidung zum Regelfall wird. Justizministerin Beatrix Karl erklärte, sie glaube an eine Einigung mit der SPÖ. Mitterlehner verwies auf die im Oktober geschlossene Bund-Länder-Vereinbarung für eine bessere Kinderbetreuung. Zudem solle es mehr Betriebe mit familiengerechten Arbeitszeiten geben. Integrations-Staatssekretär Sebastian Kurz forderte, wie bereits im September, strengere Sanktionen, wenn die Schulpflicht verletzt wird. Die Höchststrafe beträgt momentan 220 Euro. Kurz überlegt, sich am deutschen Modell (1500 Euro Höchststrafe) zu orientieren.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2011)