Eurokrise: Wetten gegen Euro auf Rekordniveau

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Symbolbild(c) REUTERS (PAUL HANNA)
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Noch nie wurde so stark auf einen weiteren Verfall der europäischen Gemeinschaftswährung gewettet wie derzeit. Ein britisches Wirtschaftsforschungsinstitut erwartet sogar schon 2012 den Zerfall der Eurozone.

Wien/Jil. Die letzten zwei Monate des vergangenen Jahres haben keine Entspannung in der Eurokrise gebracht. Im Gegenteil: Nach dem voreilig als „historisch“ titulierten EU-Gipfel am 26. Oktober ging es für die EU-Gemeinschaftswährung eigentlich nur noch bergab. Ende 2011 durfte der Euro den unrühmlichen Titel der „schwächsten wichtigen Währung des Jahres“ für sich reklamieren. Internationale Hedgefonds reagierten auf den Euroverfall entsprechend: Sie erhöhten ihre Wetten gegen den Euro auf ein Rekordhoch, wie die „Financial Times“ am Dienstag berichtete.

Schlechte Fundamentaldaten

Die Anzahl der Short-Kontrakte (also Wetten auf einen weiteren Verfall des Euro) überstieg die Anzahl der Long-Kontrakte (Wetten auf eine Erholung des Kurses) in der letzten Woche des Jahres 2011 um rund 128.000 Kontrakte. Die „Financial Times“ beruft sich auf Zahlen der US-Regulierungsbehörde CFTC.

Die Summen, mit denen die Investoren auf einen Euroabsturz setzen, sind nicht bekannt. Entscheidend ist aber die Tendenz. Derartige extreme Short-Positionen weisen auf eine kurzfristige Korrektur hin. Langfristig sind besonders die Fundamentaldaten zu beachten, die im Fall des Euro aber auch nicht rosig aussehen. Ende des Jahres 2011 erreichte der Euro ein Rekordtief gegenüber dem japanischen Yen. Genau zehn Jahre nach der Einführung des Euro-Bargelds hat die Gemeinschaftswährung erstmals zwei Jahre in Folge gegenüber dem US-Dollar an Wert eingebüßt. Am Dienstag stand er bei rund 1,30 Dollar.

Die japanische Bank Nomura hat auch das niedrigste Euro-Kursziel für 2012 ausgegeben – Nomura geht davon aus, dass der Euro im zweiten Halbjahr auf 1,20 Dollar fallen wird. Viele Marktbeobachter sind erstaunt, dass der Euro im Krisenjahr 2011 nicht mehr an Wert eingebüßt hat. Es gibt aber auch positive Prognosen für 2012. JP Morgan geht von einen Anstieg des Euro auf 1,34 Dollar aus, BNP Paribas von 1,35 Dollar.

Eine Studie des Centre for Economics and Business Research (CEBR) in London sieht ein besonders schlechtes neues Jahr für den Euro aufziehen. 2012, so die Studie, könnte den Anfang vom Ende des Euro markieren. „Es ist noch nicht ganz sicher. Wir sehen derzeit eine Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent – aber unsere Prognose ist, dass bis zum Ende des Jahres mindestens ein Land (wohl aber mehr als eines) aus der Eurozone herausgehen wird“, schreiben die Wissenschaftler von CEBR.

Die Eurokrise sei keineswegs ausgestanden, sondern würde sich 2012 weiter verschärfen. Laut CEBR würde wegen der Krise „ein Großteil des französischen und des deutschen Bankensystems“ wohl durch die Staaten gerettet werden müssen – um den Wertverlust von Staatsanleihen aufzufangen. „Es könnte auch gut sein, dass Banken verstaatlicht werden“, schreibt CEBR.

Der „Charme“ der Inflation

Eine ausdrücklich positive Europrognose hat der deutsche Privatbanker Friedrich von Metzler parat. „Der Euro wird bleiben“, sagte er am Dienstag dem „Handelsblatt“. Er glaubt, die Krise könne in drei Schritten bewältigt werden: Kürzungen in den Staatshaushalten, Umverteilung durch höhere Steuern und höhere Inflation.

Den „Charme“ einer hohen Inflation sieht Metzler darin, dass die Politik von den Menschen nicht direkt mit den negativen Auswirkungen der Inflation in Verbindung gebracht wird. Das mache diesen Schritt leichter.

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