Eine Herabstufung als Chance

Gastkommentar. Nach dem Warnschuss von Standard & Poor's müssten die Politiker aufwachen und sich rasch daranmachen, das Budget zu sanieren.

Oft birgt eine negative Nachricht auch die Chance, Dinge ins Positive zu wenden. Das gilt auch für den Freitag, den 13. Jänner 2012, als Österreich bei der Ratingagentur Standard & Poor's sein Triple A verlor. Diese Herabstufung könnte eine Chance sein, endlich mit der Sanierung des Staatshaushalts zu beginnen.

Die Nachricht kam nicht überraschend, denn das Downgrade war in den letzten Monaten schon abzusehen, nachdem Gerüchte über die Herabstufung Österreichs die Runde machten. Die erste Reaktion auf diesen am 13. Jänner dann tatsächlich erfolgten Schritt hätte Bestürzung sein müssen. Denn der Verlust der besten Bonitätsstufe bedeutet für Österreich, dass die Finanzierung der Staatsschulden noch schwieriger wird.

Investoren berücksichtigen die Benotung der Agenturen bei ihrer Entscheidung, welchem Land sie Geld anvertrauen. Und derzeit sitzt Österreich bereits auf einem Schuldenberg von 218 Milliarden Euro. Bis 2015 benötigen wir 100 Milliarden Euro von den Kapitalmärkten, um auslaufende Staatsanleihen refinanzieren zu können. Sollten die Zinsen noch weiter steigen, so könnte dieser Betrag noch deutlich höher werden.

Doch statt in Bestürzung zu verfallen, fiel mir der Slogan „Krise als Chance“ ein. Denn Niederlagen sind nicht immer negativ zu sehen– eher als integraler Bestandteil des Lebens. In diesem Sinn können wir die Aktion der Finanzagentur sogar begrüßen.

Die Schweiz als Beispiel

Gerade jetzt sollten die österreichischen Politiker, wenn sie noch ein wenig Hausverstand haben, aufwachen und die schon längst überfälligen Reformen in Österreich rasch in Angriff nehmen. Als notwendiger Turbo könnte dienen, dass die Reformen strategisch nachhaltig angegangen werden: Deshalb sollten die 599 Reformvorschläge des Rechnungshofs herangezogen und die gesamte Spitalsfinanzierung bundeseinheitlich geregelt werden.

Was weiters zu tun ist, liegt auch auf dem Tisch und wurde immer wieder vorgebetet: drastische Einschränkungen bei Frühpensionen, Kürzungen der staatlichen Förderungen, Neuverhandlungen des Finanzausgleiches mit den Ländern. Die Rücknahme von äußerst freizügigen Entscheidungen, die inzwischen nicht mehr finanziert werden können, ist dringender notwendig denn je.

Da Österreich trotz rekordverdächtig hoher Steuern und Abgabenquoten ein Defizit nach dem anderen aufweist, könnten sich die heimischen Politiker ein Beispiel an der Schweiz nehmen. Bei unserem Nachbarn sorgt die Schuldenbremse schon seit sieben Jahren ununterbrochen für Budgetüberschüsse. Die Eidgenossen haben die Schuldenbremse nach einem scharfen Anstieg ihrer Staatsverschuldung schon 2003 in die Verfassung hineingeschrieben. Eine Bremse freilich, die wesentlich ambitionierter als die in Österreich beschlossene ist.

Sollten unsere Politiker das Problem allerdings auch jetzt nicht erkennen und sich nicht daranmachen, als Sanierer den Haushalt zu durchforsten – genauso wie verantwortungsvolle Manager dies tun würden –, haben sie wirklich eine große Chance verpasst.

Mag. Sabine Duchaczek ist Strategieberaterin und Inhaberin von Advantage Strategy & Public Affairs. Sie hat sich auf Change Communication und Litigation-PR spezialisiert.


E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.