(Pseudo-)Demokratie

Wahlen in einem Fischerdorf und eine Demokratieshow in Peking: China, 2012.

Russland ist ein Rätsel innerhalb eines Geheimnisses, umgeben von einem Mysterium.“ Was Winston Churchill einmal über Russland gesagt hat, stimmt für China umso mehr: Was ist von zwei Demokratieübungen, die derzeit im Reich der Mitte über die Bühne gehen, zu halten? In Peking tagt das Pseudoparlament, und in dem Fischerdorf Wukan in der weltoffenen, südchinesischen Provinz Guangdong wurde in freier Wahl ein neues Dorfkomitee gewählt. Das Dorf war Ende 2011 in den Schlagzeilen, als dort tausende Menschen tagelang gegen die örtlichen Behörden protestierten, denen sie Korruption vorwarfen. Vorsitzender des Dorfkomitees ist nun Lin Zuluan, der die Proteste gegen die Behörden mitangeführt hatte.

Hat die chinesische Führung die Liebe zur Demokratie entdeckt? Dieser Schluss wäre wohl etwas voreilig. Schließlich sitzt Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo in Haft, weil er das Bürgerrechtsmanifest „Charta 08“ unterschrieben hat. Und er ist beileibe nicht der einzige chinesische Bürgerrechtler hinter Gittern. Aber wenn Wukan Schule macht, dann gibt es Hoffnung auf einen chinesischen Frühling. Irgendwann.

thomas.seifert@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2012)

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