„Die Bauern profitierten von Scheiterhaufen“

(c) AP (FABIAN BIMMER)
  • Drucken

Opfer des „Zauberer-Jackl-Prozesses“ in Salzburg waren vor allem männliche Kinder und Jugendliche der Unterschicht, auf Wiener Stadtgebiet wurde nur eine „Hexe“ hingerichtet.

Zwischen 600 und 1000 Hinrichtungen gab es in Österreich, fast die Hälfte der Opfer waren Männer. Im Buch „Als die Scheiterhaufen brannten. Über die Hexenverfolgung in Österreich“ (Amalthea Verlag) schildert die Historikerin Isabella Ackerl Dutzende von Fallbeispielen aus Österreich.

Darunter den Salzburger Zauberer-Jackl-Prozess im 17. Jahrhundert, der der größte zusammenhängende Hexenprozess Europas war. Opfer waren größtenteils männliche Kinder und Jugendliche der Unterschicht. Anstoß dafür war die Verhaftung einer Landstreicherin, die ihren Sohn Jakob des Diebstahls und der Zauberei bezichtigte. Der Sohn wurde nicht gefunden und als „Zauberer Jackl“ bald zur Legende. Immer mehr Buben wurden auf der Suche nach ihm im Rathaus der Stadt Salzburg gefoltert. Gaben sie zu, den „Jackl“ zu kennen, kam das bereits einem Todesurteil gleich. Insgesamt 138 von ihnen wurden hingerichtet. Die allermeisten Opfer, sagt Isabella Ackerl, kamen aus den Randschichten der Gesellschaft. Nur drei Hinrichtungen von Adeligen sind aus dem Gebiet des heutigen Österreich bekannt.

„In Oberösterreich haben wir ein Beispiel dafür, wie eine ganze Familie ausgerottet wurde, sehr viele Akten, auch Rechnungen sind erhalten.“ In diesem Greinburger Hexenprozess ging es Ende des 17. Jahrhunderts um Rache und um Gewinnsucht. Zwei Familien bewarben sich um dieselbe reiche Müllerstochter, und offenbar wurde die erfolgreicher werbende Familie von der anderen denunziert. Bilanz: 21 Hinrichtungen.

Profitgierige Denunzianten

Sehr interessant, so Ackerl, sei auch der erste Innsbrucker Prozess. „Da sieht man, wie gut man solche Massaker auch verhindern konnte.“ 1485 waren Jakob Sprenger und Heinrich Kramer, die späteren Autoren des berüchtigten „Hexenhammers“, in Innsbruck eingetroffen. Sie forderten die Menschen auf, ihnen der Hexerei verdächtige Personen zu nennen, versprachen den Denunzianten Anonymität und begannen einen Prozess. Der zuständige Bischof setzte dem schließlich ein Ende und verwies die beiden des Bistums.

Auf dem Wiener Stadtgebiet endete nur ein einziger Prozess mit einer Hinrichtung, jener gegen Elisabeth Plainacher im Jahr 1583. Der Schwiegersohn, der mit ihr um die Obsorge für seine Tochter stritt und auch ein Auge auf die Wirtschaft der „Plainacherin“ geworfen hatte, bezichtigte sie, das Kind für den Teufel abzurichten. Die 70-Jährige wurde gefoltert, auf einem Brett zur Richterstätte geschleift und bei lebendigem Leib verbrannt.

Am besten sei die Geschichte der Hexenprozesse in der Steiermark bekannt, meint die Historikerin. Tirol sei dank eines einzelnen Forschers auch sehr gut erforscht, in Niederösterreich sei dagegen noch wenig geschehen. Und generell sei die deutsche Forschung viel weiter als jene in Österreich. „Es gibt wahnsinnig viele Akten, da gäbe es noch einiges zu erforschen, auch Rechnungen. Da sieht man zum Beispiel, dass das Holz für die Scheiterhaufen unglaublich teuer war. Viele Bauern haben also von den Hexenverbrennungen sehr profitiert.“

Über die Denunzianten in Österreich sei dagegen kaum etwas bekannt. „Die Akten, in denen ihre Aussagen festgehalten wurden, gibt es nicht mehr. Außerdem wurde ihnen Anonymität gewährt.“ Auch die Motive hinter Denunziationen seien in den einzelnen Bundesländern sehr verschieden gewesen, so Ackerl. Oft war es Profitgier: „Da gab es etwa Adelige, die ganz billig zu Grund kommen wollten und sich zu diesem Zweck unglaublich aufführten.“ sim

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.