Der Mann, der Goldman retten soll

„Jake“ Siewert diente einst Bill Clinton als Pressesprecher. Nun will der PR-Profi Goldman Sachs aus der Patsche helfen.

Sieht man es positiv, kann man das, was auf Richard Siewert zukommt, eine „Herausforderung“ nennen. Sieht man es pragmatisch, muss man sagen, dass sich wohl niemand so einen Start in einen Job wünscht. Richard Siewert, Spitzname „Jake“, ist der neue Kommunikationschef bei Goldman Sachs. Er trat seinen Dienst beim Investmenthaus am Dienstag an. Am Mittwoch veröffentlichte ein beleidigter Manager einen verbitterten Kommentar in der „New York Times“. Ziel des Investmenthauses sei es, die „Kunden abzuzocken“ – weshalb er, der Manager, die Firma nach zwölf Jahren verlasse.

Nun ist Siewert beileibe kein unerfahrener Kommunikator in der Krise. Als Pressesprecher musste der Absolvent der Eliteuniversität Yale einst ziemlich kreativ sein, um seinem Chef die richtigen Worte in den Mund zu legen. „I did not have sex with this woman“, erklärte Bill Clinton, und selbst wenn Monica Lewinsky, einige Amerikaner und viele Europäer das anders sahen: Der Präsident blieb im Amt und ist heute ein gefragter Redner, der pro Auftritt bis zu 500.000 Dollar kassiert. Irgendwas muss „Jake“ Siewert also richtig gemacht haben.

Zuletzt diente Siewert Finanzminister Timothy Geithner als Berater und versuchte der US-Bevölkerung die hohe Arbeitslosigkeit von 8,3 Prozent zu erklären – durchaus mit Erfolg, wie gestiegene Umfragewerte des Ministers zeigen. Bei Goldman wird sich der 48-Jährige ins Zeug legen müssen, um glaubhaft darzustellen, dass die Firma ihre Kunden nicht bloß „abzocken“ wolle. Zumindest die Aktionäre scheinen an Siewerts Fähigkeiten zu glauben. Die Talfahrt der Aktie konnte gestoppt werden. Das Papier legte am Mittwoch knapp zwei Prozent zu. stef

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2012)

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