Endspurt zur Transparenz: „Druckkostenbeiträge“ können weiterhin fließen

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Es wird ein Wettlauf mit der Zeit im Juni: Schon am Dienstag nach Pfingsten gibt es neue Verhandlungen.

Wien/Ett. Jetzt haben es die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP auf einmal eilig. Zuvor hatte die Koalition bereits bis Weihnachten 2011 hoch und heilig mehr Transparenz bei Parteifinanzen und Spenden versprochen. Aber erst am 15.Mai dieses Jahres schaffte die rot-schwarze Regierung schließlich mit Hängen und Würgen einen Kompromiss für einen Gesetzesbeschluss im Ministerrat. Damit die neuen Vorschriften gemäß Zeitplan der Koalition mit 1.Juli in Kraft treten können, muss allerdings zumindest eine der drei Oppositionsparteien, also FPÖ, Grüne oder BZÖ, mitmachen, damit es tatsächlich zum heiß ersehnten finanziellen Striptease der Parteien kommt.

Schon am Dienstag nach Pfingsten werden daher die Fünf-Parteien-Gespräche zwischen Koalition und Opposition fortgesetzt, um einen rechtzeitigen Nationalratsbeschluss noch im Juni zu schaffen. Auch wenn die Koalition bei einem ersten Treffen am Donnerstag Bereitschaft zu Änderungen signalisiert hat, bleibt ein großes Fragezeichen, weil die Opposition Bedingungen stellt und Verschärfungen der Regierungsvorlage verlangt.

Derzeit schafft das Transparenzpaket der Regierung für Experten und Opposition nach wie vor zu wenig Durchblick. Was ist vorgesehen?

Spenden: Ab 1.Juli müssen Spenden an Parteien und parteinahe Organisationen, die 5000 Euro übersteigen, offengelegt werden. Die Liste ist künftig als Anhang Fixbestandteil der Rechenschaftsberichte. Erstmals muss dies mit den Berichten im Herbst 2013 erfolgen. Spenden von mehr als 50.000 Euro müssen sofort dem Rechnungshof gemeldet und im Internet veröffentlicht werden. Der volle Durchblick bleibt versagt, das Gesetz lässt einen Graubereich: So müssen etwa Einnahmen aus Inseraten in Parteizeitungen nicht als Spenden deklariert werden.

Wahlkampfkosten: Parteien auf Bund- und Landesebene dürften höchstens jeweils sieben Millionen Euro für Wahlkämpfe ausgeben. Gerechnet wird dabei ab der Festsetzung des Wahltages bis zum Wahltermin.

Wahlkampfkostenrückerstattung: Eine solche Rückzahlung von Wahlkampfausgaben von 5,3 Millionen Euro pro Jahr bei Nationalratswahlen und EU-Wahlen fällt weg.

Parteienförderung: Im Gegenzug ist eine Neuregelung und Erhöhung der Parteienförderung vorgesehen, die den Bundesparteien mehr Geld bringt. Gerade dass das Regierungsmodell auch den Ländern beträchtlichen Spielraum lässt, stößt bei der Opposition auf größtes Misstrauen. Am Donnerstag wurde daher vereinbart, die Folgen der Änderung nochmals genau zu berechnen.

Kontrolle: Vorgesehen ist, dass die Rechenschaftsberichte von zwei Wirtschaftsprüfern kontrolliert werden, wobei der Bundesrechnungshof die Prüfer aus einem Fünfer-Vorschlag der Regierung aussucht. Auch bei dem Punkt gibt es Bedenken. Denn der Rechnungshof prüft zwar als letzte Instanz, müsste dazu aber nach Ansicht von Rechnungshofpräsident Josef Moser auch Einschaurechte in die Bücher der Parteien erhalten.

Während SPÖ-Verhandler Staatssekretär Josef Ostermayer naturgemäß Zuversicht äußert, bleibt die Opposition skeptisch bezüglich Inhalt und Zeitplan trotz der auffälligen Kompromissbereitschaft der Regierung beim Auftakt. „Grundsätzlich waren die Gespräche konstruktiv“, bescheinigt BZÖ-Verhandler Stefan Petzner. Aber, so ergänzt er im Gespräch mit der „Presse“: „Es wird sicher noch dauern. Daher wird es auch die Frage sein, ob sich das mit Juni ausgeht.“ Für Werner Kogler ist bereits „einiges weitergegangen“. Der grüne Vizeparteichef zeigte sich „positiv überrascht“ über mögliche Änderungen der Regierungsvorlage. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl äußert das stärkste Misstrauen der drei Oppositionsverhandler: SPÖ und ÖVP müssten sich jedenfalls bewegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2012)

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