Türkei: EU droht mit Stopp der Verhandlungen

Finnischer EU-Vorsitz. Für die Regierung in Ankara schlägt in den nächsten Monaten die Stunde der Wahrheit.

BRÜSSEL. Die EU wird die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abbrechen, sollte der Konflikt mit Zypern nicht bis Jahresende gelöst werden. Daran ließ der finnische Außenminister Erkki Tuomioja, der morgen, Samstag, den EU-Ratsvorsitz übernimmt, bei der Präsentation des finnischen Präsidentschaftsprogramms am Donnerstag in Brüssel keinen Zweifel.

Die EU erwarte, dass die Türkei das Abkommen zur Zollunion umsetze und "bis spätestens Ende des Jahres" ihre Häfen für Schiffe und Flugzeuge aus Zypern öffne, machte der Außenminister deutlich. Sonst drohe eine "dramatische Situation", die ein Scheitern für die Türkei und die EU bedeute: "Wir sind besorgt."

Zuvor hatte sich auch EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn, ebenfalls ein Finne, schärfer denn je zur Türkei geäußert. Rehn bestätigte die Möglichkeit, die Beitrittsverhandlungen mit Ankara ganz auszusetzen. Er sei Realist und habe mehrmals versucht, vor einer Kollision in den Verhandlungen zu warnen. Der andauernde Konflikt mit Zypern müsse gelöst werden, forderte der Kommissar.

Die Türkei weigert sich, Schiffe und Flugzeuge aus Zypern anlegen und landen zu lassen, weil dies einer De-facto-Anerkennung Zyperns gleichkäme. Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan hat erst vergangene Woche bestätigt, in der Sache hart bleiben zu wollen, auch wenn dies ein Aussetzen der Verhandlungen mit der Union bedeute.

Außenminister Tuomioja fiel schon bei der ersten Vorschau auf die finnische Agenda mit ungewohnt klaren Worten auf. Zu dem von Österreich geforderten Kriterium der Aufnahmefähigkeit sagte der künftige EU-Ratspräsident, dass "falsche Signale an Kandidaten und mögliche Kandidatenländer" vermieden werden müssten. Es dürften keine neuen Hürden aufgebaut werden; die EU müsse bereit sein, alle europäischen Länder aufzunehmen, die die Kriterien erfüllten.

Beim Stichwort Verfassung räumte der Minister ein, er wäre "glücklich", wenn man dem Regelwerk einen neuen Namen geben könnte. Grundlegende Änderungen seien allerdings in niemandes Interesse, sagte Tuomioja. Die vom Verfassungskonvent und den EU-Regierungen ausgehandelten Kompromisse sollten erhalten bleiben: "Niemand will wieder ganz von vorne beginnen."

Das finnische Parlament wird die Verfassung voraussichtlich im September ratifizieren. Zu den Ankündigungen anderer EU-Staaten, etwa Polen, mit der Ratifizierung noch zuwarten zu wollen, sagte der Finne: "Wenn alle auf den jeweils anderen warten wollen, wird die Verfassung nie ratifiziert." Es sei wichtig, den Prozess aufrechtzuerhalten.

Zur Wirtschaft- und Sozialpolitik bemerkte Tuomioja mit einem Lächeln, dass ihm "Eigenwerbung" zwar fern liege. Es habe aber aus den EU-Staaten derartiges Interesse am "finnischen Modell" gegeben, dass Finnlands geglückte Balance zwischen sozialen Standards und Liberalisierung "wohl zur Sprache kommen wird".

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