Neues Gesetz: Männlich, ledig, jung stalkt

Regierung einig über Maßnahmen gegen Belästiger.

WIEN. Im Februar könnte das Anti-Stalking-Gesetz vom Ministerrat beschlossen werden. Innenministerin Liese Prokop und Justizministerin Karin Gastinger einigten sich Mittwochabend auf ein Anti-Stalking-Gesetz. Mit dem neuen Gesetz wird das Verfolgen und Abpassen unter Strafe gestellt. Gastinger fordert, dass "Stalkern" bis zu einem Jahr Haft drohen.

Das Innenministerium legte sich bis zuletzt gegen das Gesetz quer. Der Grund: Es sei schwierig, für die Exekutive das Schicken von SMS und E-Mails zu unterbinden. Genau dieser Punkt soll nun unter anderem geändert worden sein. Wer sich durch SMS und E-Mails belästigt fühlt, muss zuerst eine Anzeige erstatten, bevor die Polizei ausrückt. Das Innenministerium forderte auch eine genauere Beschreibung, was unter der "Beeinträchtigung der Lebensführung" zu verstehen ist.

Genauere Details des neuen Gesetzes sind allerdings noch nicht bekannt. Denn zunächst will man noch Gespräche mit Opposition und Organisationen führen. Die Wiener Frauenstadträtin Sonja Wehsely (SP) präsentierte zum Thema Stalking eine Studie des "Weißen Rings" Deutschland, einer Organisation für Verbrechensopfer. Die bisher umfangreichste Untersuchung im deutschsprachigen Raum wertet die Antworten von 551 Betroffenen und 98 Stalkern aus. Die Resultate sind ernüchternd:

[*] Ein Drittel der Opfer wandte sich zwar an die Polizei, davon hatten aber 69 Prozent Schwierigkeiten, den Beamten den Ernst der Lage zu vermitteln. 80 Prozent beurteilten die behördlichen Maßnahmen als nicht ausreichend. [*] Die Belästiger (zu 81% Männer) selbst sind vorwiegend in der höheren Bildungsschicht zu finden: 55 Prozent verfügen über Matura oder einen Studienabschluss. Der Großteil ist ledig, Durchschnittsalter: 31 Jahre. Jeder Zweite ist Ex-Partner des Opfers.

[*] 42 Prozent der Täter glauben, ihr Opfer sei für sie schicksalhaft bestimmt. Macht und Kontrolle hingegen spielen nur für 14 Prozent eine Rolle.

[*] Obwohl die Kontaktversuche - auch für die Täter erkennbar - zu keinem Erfolg führen, setzen fast alle ihre Annäherungen fort. Ein klärendes Gespräch hilft so gut wie nie.

[*] Stalking dauert im Schnitt rund 28 Monate. 39 Prozent der Opfer wurden körperlich angegriffen - in einem von fünf Fällen sogar schwer.

[*] Die Folgen: 92 Prozent der Belästigten hatten Angst, zwei Drittel litten unter Schlafstörungen. Jeder Vierte musste krank geschrieben werden. Auch Stalker leiden: 60 Prozent klagen über Depression.

In Deutschland gibt es derzeit kein Anti-Stalking-Gesetz, laut Koalitionsvertrag ist jedoch eines geplant. Im Vorjahr wurde ein Entwurf im Bundesrat abgelehnt.


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