BK-Chef: Mitteilung im Fall Kampusch "falsch bewertet"

(c) APA (Herbert Pfarrhofer)
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Der neue Chef des Bundeskriminalamts, Franz Lang, räumt ein, dass auch ihm solch ein Fehler passieren hätte können. Er spricht sich aber gegen die Kritik am Fehlverhalten aus. Vertuschung seitens der Kriminalpolizei hat es laut Lang nicht gegeben.

Im Entführungsfall Natascha Kampusch sei "eine Mitteilung vermutlich falsch bewertet worden", erklärte der neue Chef des Bundeskriminalamts, Franz Lang, in der Radioreihe "Im Journal zu Gast" zu den jüngsten Korruptionsvorwürfen im Innenministerium. Aber "wenn ich mich an das Jahr 1998 erinnere, ich war selbst damals Leiter einer kriminalpolizeilichen Einheit, ich selbst könnte heute nicht garantieren, dass mir das nicht selber passiert wäre". Er sei dagegen, dass "über ein Fehlverhalten sofort hergefallen wird", so Lang.

Zum Vorwurf seines Vorgängers Herwig Haidingers, er selbst hätte 2006 zu Ermittlungsfehlern im Fall Kampusch eine Geheimsitzung einberufen, von denen Haidinger nichts gewusst habe, sagte Lang, dass er den damaligen Generaldirektor für öffentliche Sicherheit (Erik Buxbaum, S, Anm.), der auf Urlaub war, vertreten habe. Es habe damals im Ermittlungsteam "erhebliche Schwierigkeiten zum Chef des BKA gegeben, erhebliche Meinungsverschiedenheiten". Damals habe es die Frage der Evaluierung gewesen, ob Ja oder Nein und Wann. "Ich sagte, es muss mit aller Konsequenz evaluiert werden und ich habe damals meine Meinung genauso geäußert. Das hat der Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit auch so gesehen, dass die Evaluierung durchgeführt wird, wie die Aktendeckel zu sind". Damals sei auch ein Zentrum für Forschung mit der Sache beauftragt worden.

Von Haidingers Aussagen überrascht

Die Aussagen Haidingers im Innenausschuss hätten ihn "doch sehr überrascht". Vor allem "gewisse Aspekte, in welchen Blickpunkt sie gebracht wurden". Er könne sich "sehr gut in die Gedanken der Ermittler hineinversetzen und ich meine, diesen Leuten liegt vermutlich einiges auf der Zunge oder im Herzen". Aber es sei ein "wohldurchdachtes Prinzip des Verfassungsgebers, dass Öffentlichkeit dann geboten und auch gesetzlich garantiert ist, wenn das vor der Justiz verhandelt wird".

Mit Haindinger selbst habe er nicht über die Vorfälle gesprochen. Auf die Frage, ob er jetzt als sein Nachfolger das Gespräch mit ihm suchen werde, gab sich Lang zurückhaltend: "Ich bin froh, dass die Dinge im Bereich der Justiz liegen und wenn wir alle Fragen abgeklärt haben und sozusagen alle Akten zu sind, dann ist die Zeit frei, die Dinge zu analysieren".

"Kampuschs Empörung nachvollziehbar"

Ob er seinen Vorgänger als BKA-Chef Herwig Haidinger für glaubwürdig halte, wollte Lang nicht beantworten. "Zu Haidinger sage ich kein Wort mehr". Jedenfalls halte er die Empörung von Natascha Kampusch für "absolut nachvollziehbar". Es handle sich um einen "einzigartigen Fall von tragischer Dimension". Nur, schränkte Lang ein, "ob einige Tage, nachdem sie sich selbst befreit hat, dieser Aspekt in die Öffentlichkeit geht oder nicht, oder nur zu Gericht geht, und ich verlange kein Verständnis von ihr, hätte am realen Geschehen nichts geändert".

Es sei zwar ein "schwacher Trost" für Kampusch. Aber "ich bin mir sicher, sie hat späteren Entführungsfällen, denen wir heute nachgehen, auch dadurch sehr viel geholfen, weil sie uns sehr viel Wissen in die Hand gegeben hat", sagte Lang.

Keine Vertuschung


Vertuschung seitens der Kriminalpolizei hat es laut dem BKA-Chef nicht gegeben. Die Kriminalpolizei hat das sofort in den Akten dargestellt, auch bei Gericht. Die Frage ist, ob die Polizei berechtigt und verpflichtet ist, das sofort der Öffentlichkeit zu sagen". Dass im Wahlkampf 2006 die Causa aus politischen Gründen nicht öffentlich gemacht wurde? - Lang: "Mir war bewusst, dass das eine politisch brisante Zeit war. Aber ich habe das auch damals gesagt, bringt bitte die Ermittler hier von 1998 nicht in Bedrängnis. Es könnte sein, dass sie vom Staatsanwalt befragt werden müssen. Es müssen die Ermittlungen abgeschlossen sein. Wenn die Aktendeckel geschlossen sind, dann kann man mit der Evaluierung beginnen.

Auf die Frage, was er machen würde, wenn er eine Weisung erhalte, Ermittlungen einstweilen sein zu lassen, erklärte Lang: "Es wird einen fachlichen Diskurs darüber geben. Ich werde versuchen, wenn ich nicht durchkomme, mir fachliche Unterstützung aus der Welt der Wissenschaft, der Kriminologie, zu holen. Wenn ich der Meinung bin, ich kann nicht drüber, gehe ich zum Richter". Also er würde sich von einer Weisung nicht abhalten lassen und die Spur verfolgen? - Lang: "Die Rechtslage ist eindeutig. Wenn eine Weisung gesetzwidrig ist, darf ich sie nicht befolgen. Und ich habe das der Justiz zur Kenntnis zu bringen". (APA)

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