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Klaudia Bachinger: Wie man ein Problem löst: Ihr Weg führte über Rom

Klaudia Bachinger
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Start-ups. Klaudia Bachinger gründete 2017 die Jobplattform WisR für Ältere. Heute hilft sie Unternehmen, die Talente von Senior Experts Talents zu nutzen.

Viele der Menschen, die Klaudia Bachinger auf dem Pilgerweg nach Rom begegneten, waren doppelt so alt wie sie. Und doch ging es ihnen zumindest in einer Hinsicht ähnlich wie ihr: Sie waren ein wenig orientierungslos, wie Bachinger erzählt. Gerade in Pension gegangen, suchten sie nach einer sinnvollen Beschäftigung. Das erinnerte Bachinger an ihre Großmutter, die mit 60 in Pension geschickt wurde – ein schmerzlicher Schlag für Selbstwert und Identität. Bachinger war damals ebenfalls etwas orientierungslos, weil die Romanistin und Medienwissenschaftlerin kurz zuvor ihren Job in der Filmbranche wegen einiger Meinungsverschiedenheiten gekündigt hatte.

Zwar führen nicht alle Wege nach Rom, Bachingers Weg zu WisR (sprich Weiser) allerdings führte sie tatsächlich über Rom: Inspiriert von den Begegnungen auf dem 750 Kilometer langen Franziskusweg von Norditalien in die Ewige Stadt gründete sie 2017 die Plattform WisR, einer Plattform die „ganzheitliche Konzepte zum Umgang mit einer älter werdenden Belegschaft, insbesondere Mitarbeitern im Ruhestandsalter“ anbietet. Oder anders gesagt Projekt-, Teilzeit- und Minijobs anbietet, die die Kompetenzen und Erfahrungen der Menschen 59+ benötigen, die neben der Pension dazuverdienen wollen. „Das Thema demografischer Wandel hat mich interessiert, seit ich an einer Dokumentation darüber gearbeitet habe“, sagt die heute 34-Jährige. Da habe sie gesehen, wie viel Wissen mit der Pensionierung verloren geht. Und wie viel jene, die gern als Best Ager oder Silver Ager bezeichnet werden, leisten können und wollen – aber oft nicht dürfen, weil Unternehmen eine restriktive Pensionierungspolitik betreiben.

Als Covid-19 die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt ihrer vornehmlich aus dem KMU-Bereich stammenden Kunden einknicken ließ, war sie froh, dass sie mit ihrem kleinen Team schon zuvor ein neues Geschäftsfeld aufgemacht hatte. Sie bietet eine in Wien programmierte Softwarelösung für große Unternehmen an, die über das wertschätzende Offboarding in den Ruhestand den Kontakt zu den ehemaligen Fixangestellten hält. Für Spitzenzeiten, oder wenn Fragen auftauchen, für deren Beantwortung das Wissen und die Erfahrung Älterer gebraucht werden. Die Pensionisten werden eingeladen, im Senior Experts Pool ein Profil anzulegen. Darin enthalten sind nicht nur die Projekte, an denen sie beteiligt waren, ihre Auslandserfahrungen und Fremdsprachenkenntnisse, sondern auch, für welche Form des Engagements sie ansprechbar sind: Projektmitarbeit, Beratungs- oder Mentorentätigkeiten beispielsweise. Autozulieferer, Handel und Logistik etwa seien besonders an den „Weisen“ interessiert, ebenso familiengeführte Unternehmen: „Sie haben eine nachhaltige Personalstrategie.“ Primär aber große Organisationen, denn, sagt Bachinger, „Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern kann niemand mehr allein überblicken“. Da könne ihr Angebot helfen, die richtigen Menschen anzusprechen. Jene, die vielleicht etwas älter, aber jedenfalls weiser sind. (mhk)

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