Quergeschrieben: Der Plan, den niemand hat

Dass vor der Wahl keine Partei nennenswerte Ideen gegen die Arbeitslosigkeit hat, ist leider kein Zufall.

Auf einen ebenso kompakten wie prä gnanten Dreisatz hat erst unlängst der angesehene Ökonom (und Wifo-Chef) Karl Aiginger die Bilanz der nach dem 1. Oktober abtretenden Bundesregierung in wirtschaftlicher Hinsicht gebracht: Demnach 

  • hat sich Österreichs Wettbewerbsfähigkeit unter schwarz/blauorange deutlich verbessert; [*] ist das Wirtschaftswachstum ganz ok, aber nicht eben sensationell zu nennen;
  • bleibt die chronisch hohe Arbeitslosigkeit freilich weiterhin eher unbefriedigend.

Das ist unter dem Strich zwar nicht eben wenig an Erfolg; nahezu zwingend ist daraus aber auch abzuleiten, dass die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit für die nächste Regierung, wer auch immer sie in welcher Konstellation bilden wird, hohe Priorität haben muss.

Umso ärgerlicher ist, wie wenig Substanzielles die wahlwerbenden Parteien - und zwar mehr oder weniger alle - zu diesem Thema zu sagen hatten. Viel mehr als Plattitüden und ungedeckte Versprechungen war kaum erhältlich.

Das hat - leider - nicht nur mit der Natur eines derartigen, im Finish stark holzschnittartigen Wahlkampfes zu tun, sondern auch mit allgemeiner Ratlosigkeit der Experten.

Denn redlicherweise müsste jeder künftige Kanzler seinen Wählern sagen: Derzeit weiß niemand, kein Politiker, kein Ökonom, kein Sozialpartner irgendwo in Europa ein wirklich taugliches und erprobtes Mittel zur nachhaltigen Reduktion der Zahl der Arbeitslosen. Was es gibt, sind viel versprechende Ansätze und teilweise funktionierende Methoden - so ähnlich wie im Kampf der Medizin gegen den Krebs. Echte und verlässliche Heilung ist hingegen nicht in Sicht.

Mangels besserer Alternativen wäre daher die nächste Regierung vermutlich gut beraten, die verschiedenen in Europa angewandten Kuren einmal genauer zu besehen und ohne irgendwelche ideologischen Vorbehalte oder Glaubenslehren auf ihr Funktionieren hin zu benasen.

Dabei könnte sich etwa herausstellen, dass die von Christoph Leitl vorgeschlagene Kombination aus deutlich höheren Arbeitslosengeldern und dafür weitgehend aufgehobenem Kündigungsschutz durchaus geeignet ist, die Anzahl der Arbeitslosen zu vermindern - in Dänemark, wo sich Leitl offenkundig inspirieren hat lassen, funktioniert das jedenfalls mittlerweile ganz gut.

Dabei könnte sich aber genauso gut herausstellen, dass das (sozialdemokratische) deutsche Modell der "1-Euro-Jobs" seine Meriten hat oder aber auch die Öffnung der Arbeitsmärkte nach unten, wie sie in den angelsächsischen Ländern praktiziert wird.

So wichtig es ist, dass die sauren Wiesen rund um den Hyper-Kriminalfall ÖGBAWAG juristisch trocken gelegt werden, so wenig ist damit zu rechnen, dass damit ausreichend neue Arbeitsplätze - etwa im Bereich des Strafvollzuges - geschaffen werden, um das ökonomische Problem Nummer 1 zu lösen.

Christian Ortner ist Journalist in Wien.

christian-ortner@chello.at

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