Illegaler Tierhandel: Gorilla mit Zeugnis für 6600 Euro

Skrupellose Händler nutzen die Anonymität des Internets.

London/Wien. Ein siebenjähriger Gorilla, sechs Schimpansen-Babys, ein zwei Jahre alter Sibirischer Tiger: Der Handel im Internet blüht, doch dazu zählt auch das illegale Geschäft mit geschützten und vom Aussterben bedrohten Tierarten.

9000 lebende Wildtiere oder Wildtier-Produkte - hergestellt etwa aus Tigerfellen, Elefantenstoßzähnen oder Schildkröten-Panzern - innerhalb von nur sechs Tagen: Das ist das traurige Ergebnis einer Studie des britischen Ablegers der Nicht-Regierungs-Organisation "Internationaler Tierschutz-Fonds" (Ifaw).

Die Untersuchung förderte einiges aus den Weiten des Cyberspaces zu Tage, das nicht nur gegen britische Tierschutz-Gesetze, sondern auch gegen internationale Abkommen zum Schutz der Arten verstößt. In obskuren Internet-Foren, aber auch bei renommierten Online-Auktionshäusern wie Ebay werden etwa Hocker aus Elefantenbeinen, geschnitzte Elfenbein-Dosen, Jacken aus Krokodilleder oder Tigerfellen sowie Schals aus Shahtoosh-Wolle angeboten. Für das Luxus-Accessoire Shahtoosh-Schal werden bis zu fünf Tibet-Antilopen getötet, um an die Wolle der beinahe ausgerotteten Tiere zu gelangen. Dass der Handel mit Shahtoosh-Wolle seit 1979 international verboten ist, kümmert aber geldgierige Online-Händler wenig.

"Solange die Nachfrage an Wildtieren und Wildtier-Produkten besteht, wird auch das Töten von geschützten Tieren weitergehen", sagte Ifaw-Direktorin Phyllis Campbell-McRae bei der Präsentation der Studie "Caught in the Web" in London. "Der Handel im Internet ist einfach, billig und anonym." In Chatrooms können Wilderer gezielt an reiche Interessenten aus dem Westen herantreten und Tiere "auf Bestellung" beschaffen. "Das Ergebnis ist ein Cyber-Schwarzmarkt, wo mit der Zukunft und dem Schicksal der seltensten Tiere der Welt gehandelt wird", so die Ifaw-Direktorin.

"Gorilla braucht wegen Übersiedelung des Besitzers neues Heim. Er ist sieben Jahre alt und derzeit in guter Kondition. Gesundheits-Zeugnis vorhanden." Für umgerechnet 6600 Euro können Interessenten das Tier, das sich zur Zeit in London befinden soll, erstehen. Notiz am Rande: Gorillas gehören zu den weltweit am meisten gefährdeten Tierarten. Die Anzahl von Berggorillas wird beispielsweise auf nur 650 Tiere geschätzt.

Innerhalb einer Woche förderten Ifaw-Mitarbeiter eine lange Liste aus dem Internet zu Tage. So boten etwa insgesamt elf Händler 5.527 Elefanten-Produkte an. Die Haut der grauen Riesen war beispielsweise zu Stiefeln, Geldbörsen oder Taschen verarbeitet worden. Schmuck, Skulpturen, Klaviertasten und Telefone aus Elfenbein wurden offeriert.

Offensichtlich erfreuen sich Primaten besonderer Beliebtheit bei Internet-Anbietern: 146 lebende Tiere von Kapuziner-Äffchen über Paviane bis zu Meerkatzen wurden auf 15 verschiedenen Seiten angeboten. Darunter fanden sich auf einer einzigen US-Seite gleich vier Schimpansen-Babys.

Weiters im exotischen Angebot: 526 Schildkröten. Ein Verkäufer rühmte sich, eine Grüne Schildkröte selbst im südostasiatischen Regenwald gefangen zu haben. Und auf Ebay wurde der Panzer einer höchst gefährdeten Karettschildkröte offeriert.

"Herzige zweijährige Giraffe sucht liebevolles Zuhause" - für 12.200 Euro ist sie zu haben. Händler versprechen lebende Panther und ausgestopfte Eisbären oder die gesamte Produktpalette des Gruselkabinetts der Chinesischen Medizin aus Tiger-Krallen, Kobras und getrockneten Seepferdchen.

Der Bericht zeichnet ein düsteres Zukunftsszenario für viele Tierarten des Planeten: "Gesamte Populationen und ganze Arten werden dem Risiko ausgesetzt, komplett ausgelöscht zu werden."

Ifaw appellierte an die Regierung in London, den wuchernden Online-Handel durch eine Anpassung der Gesetzeslage einzudämmen. Schon im vergangenen Monat wurde ein Gesetz verabschiedet, das strengere Strafen für das illegale Geschäft mit gefährdeten Tierarten vorsieht. Darauf stehen ab jetzt bis zu fünf Jahre Freiheitsentzug oder eine nach oben offene Geldstrafe.

Doch ob diese Abschreckung reicht, bleibt angesichts dieser solcher Prognosen ungewiss: Das weltweite Geschäft mit gefährdeten Tierarten bringt Milliarden-Gewinne. Nur das illegale Waffengeschäft ist lukrativer.

www.caughtintheweb.co.uk

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