Grossbritannien: Der Sturm im Bierglas

Pubs im Land der Biertrinker dürfen künftig länger offen halten.

Wien/London. Nichts bleibt so, wie es ist. Jetzt rütteln sogar noch die ansonsten äußerst traditionsbewussten Briten an ihren Institutionen. Die Inselnation, die hartnäckig auf der falschen Straßenseite fährt und warmes Bier in Pint-Gläsern trinkt, will nun ihre Pub-Kultur revolutionieren.

Die gefürchteten Rufe "Last Orders" und das energische Läuten der Glocke an der Bar zur Signalisierung der Sperrstunde werden schon bald der Vergangenheit angehören. Ab 24. November müssen die 59.000 lizenzierten Pubs in Großbritannien nicht mehr wie bisher um 23 Uhr schließen. Sie dürfen dann ihre Ausschankzeiten ausdehnen. So die Eigentümer wollen, sogar auf 24 Stunden täglich.

Bei Pub-Besuchern stößt diese Neuerung der 90 Jahre alten Gesetze durchaus auf Zustimmung. Doch die oppositionellen Konservativen und Liberalen im Unterhaus laufen dagegen Sturm. Sie befürchten, dass längere Pub-Öffnungszeiten übermäßigen Alkoholkonsum zur Folge hätten. Damit würde die Kriminalität ansteigen sowie die Zahl der Unfälle und Alkohol-Erkrankungen in die Höhe schnellen.

Schützenhilfe bekommen sie bei ihrem Kampf gegen die Liberalisierung von der Richtervereinigung. Der britische Rat der Bezirksrichter Ihrer Majestät, der 600 Richter vereint, warnt in einem Bericht vor einer Zunahme an Gewaltdelikten, vor allem an Vergewaltigungen. "Ein sehr hoher Anteil der Briten wird nach Alkoholkonsum kampflustig und beginnt bei der kleinsten Provokation eine tätliche Auseinandersetzung", sagte Richter Charles Harris.

Für die derzeit tobende Sperrstunden-Debatte sind vor allem die exzessiven Trinkgewohnheiten der Inselbewohner verantwortlich. Befürworter meinen, längere Öffnungszeiten würden den Druck von Biertrinkern nehmen, möglichst viele Pints möglichst rasch konsumieren zu müssen.

Gegner befürchten das Gegenteil: Kontinentale - also langsame und genussvolle Trinkgewohnheiten - würden auch kontinentale Menschen erfordern. Und das wären die Briten nun mal nicht. Denn Briten zahlen mit Pfund, haben ihr eigenes Maßsystem - und trinken gerne viel Bier.

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