Geht's uns allen gut, geht's uns allen gut!

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Die Österreicher sind ein konjunktivistisches Volk.

Die Österreicher sind ein konjunktivistisches Volk. Zumindest ist die Möglichkeitsform so etwas wie die österreichische Form der Wirklichkeit. Ablesen lässt sich dies im Sprachgebrauch, wenn der Konjunktiv an Stellen auftaucht, an denen er absolut nichts verloren hat. „Ich wäre dann da“ verliert seinen Sinn, wenn sich die diesen Satz artikulierende Person tatsächlich bereits am besprochenen Ort befindet. „Ich hätte etwas . . .“ ist bei Menschen, die tatsächlich etwas haben, völlig fehl am Platz. Und „Es wäre wegen . . .“ versucht auch nur, eine Aufforderung in sprachliche Zuckerwatte zu verpacken. Vom „Hättiwari“ wollen wir gar nicht erst anfangen.

Auf der anderen Seite fehlt der kategorische Konjunktiv gelegentlich genau dort, wo man ihn bräuchte. Wenn etwa in Zeiten der Krise postuliert wird, dass es uns gut geht, solange es der Wirtschaft gut geht, insinuiert das in der österreichischen Logik ja, dass derzeit ohnehin alles in Ordnung ist. Oder klänge ein „Ginge es der Wirtschaft gut, ginge es allen gut“ zu sehr nach einem negativen Befund oder gar nach einer Selffulfilling Prophecy? Abgesehen davon sind Sprüche wie dieser aber nichts als pure Mutmaßung, wer immer ihn auch auf sich anwendet, sei das nun die britische Königin – „Goes it the queen good, goes it us all good“ (sorry, musste sein) – oder eben die in einen einzelnen Begriff gesteckte Gesamtheit aller Einrichtungen und Handlungen, die der planvollen Deckung des menschlichen Bedarfs dienen. Auf die Spitze getrieben könnte man vermutlich sogar aus dem Wohlbefinden afrikanischer Rhinozerosse – nicht Rhinozerösser, übrigens – einen wohltuenden Effekt für den österreichischen Normalverbraucher ableiten.

Letztlich gibt es nur eine derartige Gleichung, die nie in Gefahr geriete, falsifiziert zu werden: „Geht's uns allen gut, geht's uns allen gut!“ Punkt. Wobei, in Österreich würde man das wohl auch im Konjunktiv sagen.

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2012)

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