Ägypten: Mursi will Beziehung zum Iran verbessern

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aegypten Mursi will Beziehung(c) REUTERS (STRINGER/EGYPT)
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Der künftige Präsident des bevölkerungsreichsten arabischen Landes, der Muslimbruder Mursi, strebt neuen außenpolitischen Kurs an. Er möchte den Friedensvertrag mit Israel überprüfen.

Kairo. Ägyptens neuer Präsident, Mohammed Mursi, hat in seinem ersten Interview eine außenpolitische Neuorientierung seines Landes im Verhältnis zum Iran und zu Israel angekündigt. Man wolle wieder diplomatische Beziehungen mit Teheran und damit „eine bessere strategische Balance“ in der Region schaffen, erklärte der Muslimbruder im Gespräch mit der iranischen Nachrichtenagentur Fars. Ägypten und der Iran unterhalten seit den Achtzigerjahren keine diplomatischen Beziehungen mehr.

Anlass für das Zerwürfnis war Ägyptens Friedensvertrag von Camp David mit Israel 1979 sowie die Entscheidung des Stadtrates von Teheran, eine Straße nach dem Namen des Attentäters von Ägyptens ermordetem Präsidenten Anwar as-Sadat zu benennen. Ägypten ist damit das einzige arabische Land, das keinen Botschafter im Iran akkreditiert hat. In Kairo und Teheran existieren nur sogenannte Interessenvertretungen.

Skepsis bei den Saudis

In Ägypten müssen alle Telefongespräche in den Iran „aus Sicherheitsgründen“ bei einer zentralen Vermittlungsstelle angemeldet und dann per Hand geschaltet werden. Von einer Annäherung an Teheran verspricht sich Kairo engere Wirtschaftsbeziehungen.

Eine ähnliche Neuausrichtung hatte im Mai vergangenen Jahres bereits der damalige ägyptische Außenminister Nabil al-Arabi angekündigt, der inzwischen Generalsekretär der Arabischen Liga ist. Seine Pläne stießen bereits damals in den USA und in Europa, aber auch bei den reichen arabischen Golfstaaten auf Skepsis. Saudiarabien fühlt sich als Gegenspieler des Iran. Das Königreich könnte sein kürzlich zugesagtes 4,5-Milliarden-Dollar Hilfspaket für Ägypten dazu nutzen, um Kairos Iran-Pläne zu torpedieren.

Mursi kündigte in dem Interview auch an, den Camp-David-Vertrag mit Israel zu „überprüfen“. Vor zwei Monaten hatte Ägypten bereits den Gasliefervertrag mit Israel einseitig gekündigt. Aversionen gegen den jüdischen Nachbarstaat sind in der ägyptischen Bevölkerung weitverbreitet. Die Menschen kritisieren vor allem die seit Jahren anhaltende Blockade des Gazastreifens sowie die Besetzung der Westbank durch israelische Truppen und Siedler. Zudem hat die im Gazastreifen regierende Hamas die gleichen islamistisch-ideologischen Wurzeln wie die ägyptische Muslimbruderschaft.

Sturm auf israelische Botschaft

Stark angefacht wurden die anti-israelischen Aggressionen am Nil zuletzt im August 2011 durch den Tod von sieben Grenzpolizisten auf dem Sinai.

Damals hatten israelische Einheiten nach einem palästinensischen Terrorüberfall nahe dem Badeort Eilat, bei dem acht Menschen ermordet wurden, teilweise auch auf ägyptischem Territorium operiert und die Grenzpatrouille aus Versehen unter Feuer genommen. In Kairo stürmte daraufhin eine wütende Menschenmenge die israelische Botschaft.

Auf einen Blick

Mohammed Mursi, Funktionär der Muslimbrüder und künftiger Präsident Ägyptens, hat in einem Interview mit Irans Nachrichtenagentur Fars seine Pläne zur Neuausrichtung der Außenpolitik dargelegt. Mursi will das Verhältnis zu Teheran normalisieren und den Friedensvertrag mit Israel einer Revision unterziehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2012)

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