Biosprit: "Brauchen Blick übers nächste Maisfeld hinaus"

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Die Einführung von E10 komme zu früh, sagt Wifo-Experte Schleicher. Biogene Treibstoffe sieht er in Zukunft nicht im Personenverkehr.

Die gestiegenen Nahrungsmittelpreise heizen die Debatte um Biosprit erneut an. Auch in Österreich wird die Kritik am Agrobenzin E10 laut, das Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) bereits diesen Oktober einführen will. Derzeit gebe es "zweifellos" eine Konkurrenz zwischen Teller und Tank, sagt auch Wifo-Experte Stefan Schleicher. "Es lässt sich nicht leugnen, dass der Mais, der in Nordamerika zu Biosprit verarbeitet wurde, dazu geführt hat, dass sich der Preis für das Grundnahrungsmittel Mais in Mexiko innerhalb von kurzer Zeit mehr als verdoppelt hat."

In Österreich hält Schleicher dies für ein "geringes Problem". Ob der E10-Bedarf vollständig aus österreichischen Ressourcen zu decken wäre, ist allerdings unklar. Die E10-Einführung im Herbst komme jedenfalls zu früh. "Wir sollen uns noch etwas mehr Zeit nehmen", sagte Schleicher. Er kann sich "durchaus vorstellen, dass es zu einem Moratorium kommt".

Außerdem fordert der Experte mehr Weitblick. Derzeit sei "den Diskutanten immer nur eine relativ enge Perspektive bewusst", kritisiert Schleicher. "Wir brauchen einen Blick über das nächste Mais- und Rapsfeld hinaus". Es gehe darum, das „extrem pkw-lastige" Verkehrssystem in Österreich zu verändern. Den Menschen solle es erleichtert werden, auf Öffis umzusteigen. Städte sollten fußgängerfreundlich gestaltet werden und die Rolle des Radverkehrs gehöre diskutiert, meint der Klima- und Energieexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts.

"Trend geht Richtung Elektromobilität"

Die Technologie im Kfz-Bereich sei die zweite Frage. "Der Verbrennungsmotor stößt an seine Grenzen, was seine energetische Effizienz betrifft." Mittelfristig gehe der Trend in Richtung Elektromobilität. E-Antriebe seien rund viermal energieeffizienter als Verbrennungsmotoren. Die Verbrennungstechnologie "können wir uns langfristig nicht leisten - egal, welchen Energieträger wir verwenden", sagte Schleicher.

Biogene Treibstoffe sieht der Universitätsprofessor daher in Zukunft nicht im Personenverkehr, sondern in Spezialbereichen wie dem Schwerverkehr oder bei Flugzeugen. Hier sollte es sich aber um "Abfallstoffe, die wir sonst nicht nutzen können" handeln. Puncto Biospirt sieht Schleicher noch eine andere Konkurrenz. Es könnte sich nämlich in Zukunft als sinnvoller erweisen, aus pflanzlichen Rohstoffen neue Wertstoffe herzustellen, zum Beispiel Kunststoffe.

(APA)

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