Sie haben Stronach nicht verdient

Faymann und Spindelegger können sich glücklich schätzen. Die Beschäftigung mit Frank Stronachs neuer populistischer Partei lenkt vom bitteren far niente der Bundesregierung ab.

Es mag subtiler und differenzierter argumentierende Zeitgenossen als Frank Stronach geben. Es würden sich bescheidenere und rücksichtsvoller auftretende Unternehmer finden lassen. Auch mehr Realitätssinn als bei Stronach (sein neues Wahlziel: 20 bis 30 Prozent) wird man finden. Und es existieren sicher Politiker, die besonnener wirken.

Aber Werner Faymann und Michael Spindelegger haben sich mit ihrem ängstlichen Defensivspiel die neue populistische Bewegung, die da im September gegründet werden soll, redlich verdient. Genau genommen haben sie sogar noch Glück. Jede Berichterstattung über Stronach verhindert journalistische Beschäftigung mit dem bitteren far niente der Regierung. Die publizierte Empörung in Österreich gilt traditionell lieber Fehltritten, Leben und (dümmlichen) Aussagen von Oppositionspolitikern als dem Stillstand am Ballhausplatz.

Zudem wird Stronach Proteststimmen anziehen, die sonst Heinz-Christian Strache gewinnen würde. Platz eins ist für den Freund der Wörthersee-Clique damit in weiter Ferne. Platz zwei schafft die ÖVP auch nur noch durch die Wahlhilfe Stronachs, vorausgesetzt ihre eigenen Wähler wandern nicht zum kauzigen Ex-Magna-Chef ab. Aber es hätte schlimmer kommen können: Die einst geplante Wirtschaftspartei hätte auf das Herz der ÖVP-Klientel gezielt.

Und auch sonst sollte sich der nervöse Michael Spindelegger, der neuerdings in der EU-Politik den harten Mann mimt, doch freuen können: Ein potenzieller Koalitionspartner rechts der Mitte, der keinen Martin Graf im Keller hat, senkt die Chance von Rot-Grün und lässt andere Varianten zu. Dass sich außer Maria Fekter mit Frank Stronach noch ein weiterer schlichter und direkter Formulierer für niedrigere Steuern einsetzt, müsste den ehemaligen Ex-ÖAAB-Chef, der heute die gesamte Partei führt, zumindest im Stillen jubeln lassen. Angesichts der Kampagne gegen Besserverdiener und andere Räuber, die Laura Rudas und Faymanns Pressesprecher in den Schubladen liegen haben, sollte Spindelegger jeder Verbündete recht sein.

Besonders putzig ist die Aufregung über die Unterstützung für Stronach durch die „Krone“. Waren es nicht Werner Faymann und sein Staatssekretär Josef Ostermayer, die ungeniert staatsnahe Unternehmen „überredeten“, in dem Kleinformat zu inserieren, um dort gut behandelt zu werden?

Entschuldigt haben sich beide für diese dreiste Selbstbedienung eigentlich nie, oder? Stronach bekommt seine Kolumne offenbar ohne Aufregung.


Hausfrauen-Liberalismus. Aber es stimmt natürlich auch, dass der bald 80-Jährige einen Hausfrauen-Wirtschaftsliberalismus propagiert, der in der Praxis nicht umsetzbar wäre. Es ist auch wahr, dass die Rückkehr zum Schilling aus aktueller Sicht unrealistisch bis verantwortungslos wäre. (Letzteres ist die Eurorettung mittels grenzenlosen Gelddruckens freilich auch.)

Lange wird die Stronach-Partei nicht existieren. Zumtobel, Liberales Forum und BZÖ lassen grüßen. Aber ein Jahr lang ist für Unterhaltung und Kontroversen gesorgt.

rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2012)

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