Stepic: „2015 ist die Krise endgültig vorbei“

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Herbert Stepic, Chef der Raiffeisen Bank International, spricht über seine private Geldanlage, die europäische Schuldenkrise, die Pläne für den Geschäftsausbau in Asien und wann er sich zurückziehen wird.

Die Presse: Die Sparbuch-Zinsen sind auf einem Rekordtief. Wie legen Sie Ihr Geld an? Haben Sie einen Tipp?

Herbert Stepic: Ich habe einen wesentlich größeren Teil meines Einkommens auf Sparbüchern, was ich in früheren Jahren nicht hatte. Das gute alte Sparbuch erlebt eine Renaissance, weil es sicher ist. Ich habe zum Teil von Aktien auf Sparbücher umgeschichtet.

Abzüglich der Inflationsrate sind Sparbücher aber ein Verlustgeschäft.

Das muss ich akzeptieren.

Wer ist für die Krise verantwortlich? Sind es die Banken oder die Staaten?

Die jetzige Krise ist eine Staatenkrise. Diese Krise hat nur in zwei Ländern eine bankenspezifische Ausprägung, nämlich in Spanien und in Irland. In allen anderen Ländern sind das jahrzehntelange Missstände der Politik, die dazu geführt haben, dass die Wirtschaft fehlgeleitet worden ist.

Wird der Euro überleben?

Für mich stellt sich diese Frage nicht. Der Euro-Rettungsschirm ist nun so groß, dass ihn auch Italien beanspruchen könnte. Doch ich gehe nicht davon aus, dass Italien auf Hilfe angewiesen ist.

Bleiben die Griechen in der Eurozone?

Ich schätze die Chancen mit 50 zu 50 ein. Ob das Land beim Euro bleiben wird, ist ausschließlich eine politische Tangente. Die Wirtschaft hat die Folgen eines Austritts längst vorweggenommen.

Wie wird die Eurokrise gelöst? Sollen die Staaten mehr sparen oder soll die EZB die Notenpresse anwerfen?

Zunächst müssen die Länder ihre Haushalte in Ordnung bringen. Aber das dauert Jahre. In der Zwischenzeit hilft die EZB, die Ungeduld der Finanzmärkte zu zügeln.

Führt die Geldschwemme der EZB zu hohen Inflationsraten?

Ich erwarte keine hohen Inflationsraten. Denn die Wachstumsraten sind so niedrig, dass uns von dieser Seite keine Gefahr droht.

Wann ist die Krise zu Ende?

Ich gehe – wie in der Bibel – von sieben mageren Jahren aus. Die Krise hat 2008 begonnen. Daher sollten wir 2015 endgültig rauskommen.

Was war für Sie der schwierigste Moment in der Krise?

Der schwierigste Moment war 2009, als die Geldmärkte versiegt sind. Das führte zu einer Beunruhigung in der Bevölkerung. Daher haben wir Geld vom Staat bekommen, nämlich um zu dokumentieren, dass der Staat quasi hinter den Banken steht.

Wann wird Raiffeisen die Staatshilfe von 1,75 Mrd. Euro zurückzahlen?

Das kann ich noch nicht sagen. Wir zahlen aber dafür jedes Jahr acht Prozent Zinsen.

Sind die Banken zu groß geworden, weil der Staat einspringen musste?

Das sehe ich nicht. Wir haben in Österreich eher das Problem, dass wir zu viele Banken haben.

Warum sagen dann Ratingagenturen, dass die Banken wegen der Ost-Risiken zum Problem werden könnten?

Diese Argumentation haben wir längst widerlegt. Ratingagenturen kommen in das Fahrwasser des Nachbetens. Man hat quasi die Problemphase, in der sich Osteuropa 2009 befunden hat, zum Dauerzustand erklärt. Doch die Aufklärung sickert langsam durch.

Warum muss der Staat Milliarden für drei Problembanken zahlen?

Natürlich ist die Sanierung dieser Institute schwierig. Aber es gibt größere, gesunde Banken wie Raiffeisen und die Sparkassen. Diese berappen einen Riesenbetrag an Sondersteuern und zahlen damit zum guten Teil die Sanierung der Problembanken.

Wie mächtig ist Raiffeisen? Laut Frank Stronach setzen sich Raiffeisen, Wirtschaftskammer und andere zusammen, um Gesetze zu machen.

Das ist eine Übertreibung. Wenn eine Organisation wie Raiffeisen so stark regional verankert ist, entstehen viele persönliche Beziehungen und man wird auch leichter gehört. Aber das hat sich positiv ausgewirkt.

Unterstützt Raiffeisen primär die ÖVP?

Raiffeisen ist nicht nur eine multikulturelle, sondern auch eine politisch offene Organisation. Ich meine, dass der Austausch zwischen Politik und Wirtschaft in Österreich noch viel intensiver laufen sollte.

Wenn jemand behauptet, Raiffeisen würde sich Gesetze kaufen, ist das eine Böswilligkeit?

Das ist Unsinn. Das verweise ich in das Reich der Böswilligkeit oder in das Reich der Fantasie.

Wie sieht die Raiffeisen Bank International in fünf Jahren aus?

Sie wird ein kräftiges Unternehmen sein, das die gleichen geografischen Schwerpunkte hat. Wir werden die zusätzlichen Kapazitäten in den Wachstumsregionen Fernostasiens einsetzen.

Sie wollen auch China erobern?

Nein, aber wir sind schon jetzt als einzige österreichische Bank in Fernostasien vertreten. Wir haben in China fünf Filialen und eine große Niederlassung in Singapur. Unser Ziel wird es sein, die beiden Wachstumsregionen Osteuropa und Asien stärker zu verkoppeln.

Welches Geschäftsvolumen peilen Sie in China an?

Ich möchte momentan keine genaue Prognose dazu abgeben.

Werden Sie in fünf Jahren noch an der Spitze stehen?

Ich bin 65, ich bin gebeten worden, in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld weiterzumachen. Und wenn wir die ruhigen Gewässer erreicht haben, werde ich mich zurückziehen. Mein Vertrag läuft bis 2015.

Gibt es schon einen Nachfolger?

Das obliegt den Aktionären. Aber ich habe jemanden im Auge, der dieses Schiff sofort übernehmen kann, wenn mir ein Ziegelstein auf den Kopf fällt. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.

Die FMA ermittelt gegen Sie wegen eines Serbien-Geschäfts, das von der Hypo Alpe Adria finanziert wurde und über Zypern gelaufen sein soll.

Ich gebe zu dieser Sache keinen Kommentar ab.

Dann grundsätzlich: Sind die Vorschriften über die Privatgeschäfte von Bankvorständen zu lasch?

Es gibt explizite Regeln. Diese beinhalten die Genehmigung von Privattransaktionen, insbesondere für leitende Mitarbeiter. Sie betreffen auch die Genehmigung von Krediten. Es ist nicht notwendig, diese zu verbreitern.

Auf einen Blick

Herbert Stepic ist Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen Bank International, eines der führenden Finanzinstitute in Österreich und in Zentral- und Osteuropa. Stepic arbeitet seit 1973 für Raiffeisen. In den ersten Jahren baute er die Abteilung für den Außenhandel auf. 1987 wurde er Vorstand der RZB. Stepic war der erste Banker Österreichs, der die Wachstumschancen in Osteuropa erkannt hat und dort Tochterbanken gründete.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2012)

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