Mark Zuckerbergs Sessel wackelt

Mark Zuckerbergs Sessel wackelt
Mark Zuckerbergs Sessel wackelt(c) Dapd (Paul Sakuma)
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Nach dem Absturz der Facebook-Aktie mehren sich die Spekulationen um einen Rückzug des Firmengründers Mark Zuckerberg. Dazu kommen Differenzen mit der Wall Street.

Washington. Auf dem Campus der neuen Facebook-Zentrale im kalifornischen Menlo Park ist an einer Wand ein rot-weißes Poster affichiert, das die Frage aufwirft: „Was kann schiefgehen?“ Darunter hat einer in schwarzer Schrift hingekritzelt: „Alles.“ Es zeugt vom Selbstbewusstsein und der optimistischen Weltsicht des jungen Unternehmens, dass es das Plakat nicht längst entfernt hat. Denn es trifft den Nagel auf den Kopf. Seit dem Börsengang im Mai ist die Aktie eingebrochen, sie hat beinahe die Hälfte des Werts verloren, ist auf 19,4 Dollar getrudelt.

Als sich vergangene Woche Altaktionäre erstmals von ihren Papieren trennen durften, versetzte das dem Kurs einen zusätzlichen Dämpfer. Der deutschstämmige Investor Peter Thiel, einer der Mentoren der ersten Stunde, trennte sich von 20 Millionen seiner Vorzugsaktien und lukrierte dafür 400 Mio. Dollar. Ko-Gründer Dustin Moskovitz verscherbelte in zwei Tranchen 900.000 Aktien.

Analysten sind geteilter Ansicht. Sie glauben, dass der Sinkflug der Facebook-Aktie zwar noch nicht beendet ist, dass sie sich aber wieder erholen wird. Schließlich kehrt ein Großteil der fast eine Milliarde Nutzer tagtäglich zu der Webseite zurück, viele mehrmals. Die Experten beziffern den Wert des Unternehmens derzeit mit 50 Mrd. Dollar. Noch immer raten 20 Analysten zum Kauf, 14 stufen das Papier mit „Halten“ und nur zwei mit „Verkaufen“ ein.

Auf hohen Einstiegspreis gesetzt

Inzwischen machen jedoch Spekulationen über eine Ablöse des Firmengründers Mark Zuckerberg die Runde, gestreut in New Yorker Finanzkreisen. An der Wall Street machen Investoren und Analysten den 28-Jährigen persönlich für das Börsenfiasko verantwortlich, das die kulturellen Unterschiede zwischen dem Börsenplatz in New York und dem Silicon Valley, zwischen den Geschäftsphilosophien an der Ost- und Westküste, offen zu Tage treten ließ.

Die Finanzmanager in New York sind auf Profite und das schnelle Geld aus, Facebook pocht auf Geduld und will mit seinen Produkten die Welt verändern. Es erinnert an die Schwierigkeiten Steve Jobs bei Apple, die Mitte der 1980er-Jahre zu seinem vorübergehenden Abgang führten.

Dabei hängen alle Beteiligten tief mit in dem Schlamassel: Zuckerberg, seine Vorstandskollegen Sheryl Sandberg und David Ebersman und nicht zuletzt die Banker von Goldman Sachs und Morgan Stanley, die den Einstieg an der Wall Street vorbereitet haben. Sie setzten allesamt auf einen möglichst hohen Einstiegspreis, sie lizitierten so die Aktie in die Höhe.

Der Börsengang selbst stand dann unter keinem guten Stern. Technische Probleme an der Nasdaq, der New Yorker Technologiebörse, verzögerten den Start um eine halbe Stunde. Innerhalb der ersten Stunden wurde bereits offenbar, dass der Einstiegspreis überzogen war– nach Meinung von Börsenexperten eine „klassische Krankheit“.

Facebooks märchenhafter Aufstieg kollidierte erstmals mit der vollen Härte der Geschäftswelt, die Blase platzte. Eben noch schien Mark Zuckerberg, frisch vermählt mit seiner langjährigen Freundin Priscilla Chan, beruflich wie privat am Zenit. Der Rückschlag traf das Ego des Neo-Milliardärs.

Erfolgsgeschichte mit Rissen

Ob ein Rückzug des Firmengründers und der Galionsfigur die Probleme der Marke Facebook aus der Welt schafft, ist ungewiss. Unter Hochdruck arbeitet Facebook derzeit an der Entwicklung eines Handys. Das Unternehmen heuert mit teurem Geld Ingenieure an und ist bestrebt, neue Geschäftsfelder zu erschließen. Schon im Herbst, so das Versprechen der Hightech-Firma, sollen neue Applikationen auf den Markt kommen – gemäß einem anderen Motto, das am Campus prangt: „Unsere mobile Zukunft.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2012)

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