Der rechte Chávez

Enteignung und Zwangsverstaatlichung kannte man bisher aus Lateinamerika, nicht aber mitten in der EU.

Wie sich die Szenen gleichen: Die Zwangsverstaatlichung, die der ungarische Rechtspopulist Viktor Orbán nun offenbar allen Protesten aus Brüssel zum Trotz radikal umsetzen möchte, erinnert in der Art und Weise an einen gewissen Hugo Chávez. Nur dass der eine bei seinem nationalistischen Amoklauf gegen internationale Ölkonzerne und den internationalen Finanzkapitalismus noch von vielen Globalisierungsgegnern hofiert wurde. Auch in Österreich, als der linkspopulistische Präsident Venezuelas 2006 am Rande des EU-Lateinamerika-Gipfels umjubelte Auftritte feierte. Die Konsequenzen seiner Politik der Enteignung waren schließlich hierzulande nicht spürbar.

Sechs Jahre später führt es uns Ungarns Viktor Orbán vor Augen. Sein Feldzug gegen den angeblichen Ausverkauf des Landes fordert keine anonymen Opfer. Es sind österreichische Unternehmen, österreichische Arbeitsplätze betroffen und gefährdet.

Im Schatten der Eurokrise und der drohenden Insolvenz so manchen Mittelmeerstaates hat sich Ungarn fast unbemerkt zu einem massiven Problemfall der EU entwickelt. Und wenn man darüber laut nachdenkt, Griechenland aus dem Euro zu bugsieren, müsste man sich allmählich auch die Frage stellen, wie lange eine Regierung wie jene in Ungarn noch in der EU-Gemeinschaft akzeptabel ist. Brüssel könnte ja zur Abwechslung einmal Sanktionen verhängen, die sinnvoll sind.

gerhard.hofer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2012)

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