Das rot-schwarze Aufrüsten für den Wahlkampf

rotschwarze Aufruesten fuer Wahlkampf
rotschwarze Aufruesten fuer Wahlkampf(c) Clemens Fabry
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Wie SPÖ und ÖVP mit Prominenten und Hausbesuchen um Stimmen werben wollen. Parallel zum Außenauftritt bereiten sich die beiden Parteien intern vor.

Nein, das ist keine Kampagne. Sowohl ÖVP als auch SPÖ meiden das Wort penibel, wenn es um die Vorbereitung auf die Wehrpflicht-Volksbefragung geht. Denn der Begriff würde den – korrekten – Eindruck erwecken, dass nun endgültig der Wahlkampf anrollt. Lieber spricht man daher von „Sachinformation“ oder „Informationsoffensive“, für die Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sorgen würden. Und man redet – auch das klingt sachlich – von „überparteilichen Personenkomitees“.

Die Fragen: Eine, zwei oder doch drei?

Aufseiten der SPÖ greift man dafür auf einen erfahrenen Wahlkämpfer zurück: Der Bundeskanzler persönlich hat bei Hannes Androsch angefragt. Der frühere Vizekanzler und Finanzminister war einst als Vorsitzender der Evaluierungskommission zur Bundesheerreform im Gespräch. Zuletzt hat er sich im Rahmen des Bildungsvolksbegehrens mit direkter Demokratie beschäftigt – was Gerüchte nährt, die SPÖ könnte nun doch gleichzeitig zur Wehrpflicht das Volk auch über Bildungsthemen befragen wollen.

Immerhin hat SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas zuletzt laut über eine Befragung zur Gesamtschule nachgedacht. Ihr Kollege Günther Kräuter erteilt einer Parallelabstimmung jedoch eine Absage. Die Koalition hätte sich darauf geeinigt, die Volksbefragung nicht überfrachten zu wollen.

Das „Team Androsch“

Als Komitee-Leiter will Androsch die Vorteile des „professionellen Freiwilligenheers“ („Gefällt mir besser als Berufsheer“) mit Geopolitik untermauern: „Man muss den Menschen erklären, warum ein Einsatz etwa am Golan oder im Tschad für uns wichtig ist. Es geht um Flüchtlingsströme, Erdgas, Cyberwar, nicht um einen Konflikt mit Slowenien“, sagt Androsch zur „Presse“. Eine Neutralitätsdebatte wird der Skeptiker diesmal aber nicht anzünden, auch wenn er zugibt, dass „es innerhalb der EU und der UNO keine Neutralität gibt“. Denn: „Trotz allem ist die Neutralität ein Identitätsmerkmal, daher sinnvoll.“

Einen Vorgeschmack auf die Tätigkeit des Komitees soll es am Sonntag geben. Generell geplant sind bisher Diskussionsrunden, Events, Werbesujets. Auch einige Mitkämpfer stehen fest: Politologe Anton Pelinka, Sozialwissenschaftler Bernd Marin und Brigadier Gerald Karner. Bekannte Personen, aber auch zugkräftige Prominente? „Das ist ja keine Sportveranstaltung“, sagt Androsch. Und meint damit die ÖVP.

Das „Team Schranz“

Denn die ÖVP will für die Wehrpflicht gleich mehrere (Ex-)Sportler ins Rennen schicken: Exskifahrer Karl Schranz, die Exfußballer Michael Hatz und Toni Pfeffer sowie den früheren Eisschnellläufer Michael Hadschieff. Wobei das Engagement von Schranz weniger fix ist, als die ÖVP glaubt: „Das ist noch nicht sicher“, sagt Schranz zur „Presse“. Er sei zwar für die Wehrpflicht und es habe ein Telefonat gegeben, „aber ich will erst wissen, wer genau im Komitee ist“. Außer den Sportlern sind die Präsidenten des Roten Kreuzes in Vorarlberg und Oberösterreich und Genetikforscher Markus Hengstschläger an Bord. Präsentiert werden soll das Komitee noch nicht. Das sei zu früh, heißt es aus der ÖVP.

Die US-Strategie

Offener gibt sich die ÖVP, wenn es darum geht, wie sie abseits des Personenkomitees um Stimmen werben will – nämlich nach US-Vorbild. Man wolle, wie ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch erklärt (s. Interview), auf persönliche Gespräche setzen und dort die Aspekte Zivildienst und Katastrophenschutz betonen: Wie die US-Republikaner, die Rauch zuletzt besucht hat, wird man Hausbesuche in den Gemeinden machen. Die Gesamtkosten beziffert er mit mehr als einer Million Euro – von der Wahlkampfkostenobergrenze (sieben Mio. Euro), die für eine Volksbefragung aber ohnehin nicht gilt, wäre man somit „meilenweit“ entfernt. Die SPÖ schweigt indes über Geld. Nur so viel: Das Personenkomitee würde man „mit überschaubaren Beträgen“ unterstützen, so Kräuter.

Hinter den Kulissen: Zweifel und Wahlkampf

Parallel zum Außenauftritt bereiten sich die Parteien intern vor. In einem der „Presse“ vorliegenden Papier, das unter ÖVP-Funktionären kursiert, werden diese für die Schlacht um die Befragung aufmunitioniert. Darin wird – wie schon in Interviews zu hören – im Wahlkampfstil formuliert: Die SPÖ habe „den Bogen überspannt“: „Seit zwei Jahren wird das Bundesheer systematisch ruiniert.“

Bei der SPÖ selbst wiederum zweifelt man, ob sich bei den eigenen Funktionären tatsächlich eine Mehrheit für ein Berufsheer finden wird. Bei älteren Sozialdemokraten sind die Vorbehalte gegen eine Berufsarmee tief verwurzelt. Allerdings gilt das bei der ÖVP vice versa: Haben sich doch früher prominente ÖVP-Politiker für einen Nato-Beitritt und ein Berufsheer ausgesprochen.

Auf einen Blick

Prominente sollen den Regierungsparteien bei der Vorbereitung auf die Wehrpflicht-Volksbefragung helfen. ÖVP und SPÖ initiierten überparteiliche Personenkomitees: Für ein Berufsheer werben der frühere SP-Vizekanzler Hannes Androsch, der Politikwissenschaftler Anton Pelinka und der Sozialwissenschaftler Bernd Marin. Für die Wehrpflicht setzen sich Exsportler wie der frühere Skistar Karl Schranz, aber auch der Genforscher Markus Hengstschläger ein.

Die Kosten für ihre gesamte Kampagne, die etwa Hausbesuche in US-Manier umfasst, beziffert die ÖVP mit über einer Million Euro. Die SPÖ nennt noch keine Kosten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2012)

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