„Okay, ich bin jetzt in erster Linie Unternehmer“

Jungunternehmer. Der Weg von einer guten Idee zu einem erfolgreichen Unternehmen ist schwierig. Firmengründer berichten über ihren Weg in die Selbstständigkeit. Tipps und Ratschläge für Start-ups gibt es am Jungunternehmertag am 16. Oktober im Messe-Wien-Congress-Center.

Wien/Gh. Im Oktober 2009 gründete Gabriel Baradee sein Unternehmen. Es war ein Schritt, den er lange ersehnt hatte, der aber seinen Alltag völlig veränderte. „Als Unternehmer muss man ganz anders denken“, erzählt er. „Nur noch drei bis fünf Prozent meiner Arbeitszeit widme ich der Kreativität. Der überwiegende Teil besteht aus Marketing, PR, Logistik, Verkauf und Vertrieb.“ Baradee stutzt über die eigenen Worte. Denn er ist Modedesigner. Und dabei geht es bekanntlich nur um Kreativität. Seine Marke Shakkei zählt zu den angesagten Labels der jungen Wiener Modeszene. Im März wurde er bei der Galanacht Vienna Awards für Fashion & Lifestyle als bester Newcomer gekürt.

Shakkei steht für nachhaltige und umweltbewusste Mode. Seide und Baumwolle bezieht er aus zertifizierten Unternehmen. Und die Produktion, die von vielen Modeunternehmen nicht so gern erwähnt wird, findet zu 95 Prozent in Österreich statt. Der Rest, zum Beispiel die Hemden, komme aus Deutschland. „Die Knöpfe sind etwa aus Stein“, erzählt der Designer, zu dessen Schöpfungen der „nachhaltige Anzug“ zählt.

Schneidern und entwerfen hat er gelernt. Aber woher nimmt er die unternehmerischen Qualifikationen? „Learning by Doing“, gibt er unumwunden zu. Es gehe darum, sich ein gutes Netzwerk zu schaffen. Das gelte nicht nur für die Welt der Mode, sondern auch für die Welt der Wirtschaft. Irgendwann habe er sich gesagt: „Okay, ich bin jetzt in erster Linie Unternehmer.“

Messe für Jungunternehmer

„Ich habe all diese Messen und Beratungsstellen abgeklappert, und es hat mir sehr geholfen“, erzählt Baradee. Auch den Jungunternehmertag der Jungen Wirtschaft besuchte er einst. Heuer findet dieser bereits zum 22. Mal statt. Am 16.Oktober von 8.30 Uhr bis 17.30 Uhr bei freiem Eintritt im Messe-Wien-Congress-Center. Dort erhalten Gründer unter anderem Hilfe bei den Themen Verkauf, Steuern und Buchhaltung. Anstehende Behördenwege können mit fachlicher Unterstützung gleich direkt auf der Messe erledigt werden. Und natürlich bietet die Messe einen Raum, in dem man sich mit seinesgleichen trifft und austauscht.

Und damit sich das junge Gemüse in der Welt des Business auch atmosphärisch wohlfühlt, werden begrünte Wände aufgestellt. Diese stammen von der erst im Jänner gegründeten Firma Florawall aus Bad Erlach in Niederösterreich. Geschäftsführer Marek Kocher ist 37 Jahre alt und Jungunternehmer. 15 Jahre arbeitete er in der Elektronikbranche als Verkäufer. Irgendwann ein eigenes Unternehmen zu leiten war schon immer ein Traum. Verwirklicht wurde er, nachdem Kocher den zwei Jahre älteren Patrik Bobko kennengelernt hatte. Der Tscheche Bobko hatte die Idee, Wände zum Leben zu erwecken.

Ihre mit 200 verschiedenen Pflanzen begrünten Wände findet man heute in Büros und Privathäusern in Österreich, Deutschland, Luxemburg und Tschechien. „Wir erhöhen so die Raumfeuchtigkeit. Besseres Klima führt zu höherer Produktivität“, sagt Kocher. Damit dies wissenschaftlich belegt ist, findet an der FH Pinkafeld ein Forschungsprojekt statt. Ende des Jahres wird das Ergebnis präsentiert.

Als Kunden hat Florawell vor allem Architekten, Immobilienverwalter und private Bauherren. Was die grüne Wand von anderen unterscheidet: Die Pflanzen wachsen in einer Hydrokultur – keine Erde, kein Schimmel, kein Gießen. „Das System gießt sich selbst.“

Mit der Kooperation mit dem Jungunternehmertag will das Unternehmen auf die Bedeutung derartiger Hilfestellungen hinweisen. „Ich bin ein großer Freund dieser Initiativen“, sagt Kocher. Besonders hebt er die Außenhandelsstellen der Wirtschaftskammer hervor, deren Hilfe beim Markteintritt „unbezahlbar“ sei. Das größte Problem für Jungunternehmen stelle aktuell aber die Finanzierung dar (siehe Bericht auf Seite 13). In der Schuldenkrise scheuen Finanzinstitute des Risiko. „Unsere Gründung ist glücklicherweise eigenfinanziert“, erzählt Kocher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2012)

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