Warnung vor Beitrittsstopp

Die neue Vermittlung im Kosovo zeigt, wie wichtig eine EU-Perspektive für exjugoslawische Staaten ist.

Die Stimmung ist so gar nicht danach: Seit Jahren warnen deutsche, niederländische und französische Politiker vor einer neuerlichen Erweiterung der Europäischen Union. Sie treffen damit zwar die Stimmung im eigenen Land, sehen aber nicht, was für außenpolitische Folgen eine solche Blockade haben würde.

Zweifellos kann heute kein europäisches Land mehr in die EU aufgenommen werden, das nicht die innerstaatlichen Voraussetzungen erfüllt. Zu schwer lasten die Erfahrungen mit Rumänien und Bulgarien, denen viel zu früh ein Ticket in die Union geschenkt wurde. Auch Kroatien muss deshalb nun alle Hausaufgaben erfüllen, will es wie geplant im Juli 2013 beitreten.

Die politische Dynamik der Erweiterung jedoch völlig zu stoppen wäre unverantwortlich. Sie bleibt das attraktivste Mittel zur friedlichen Lösung der historischen Konflikte auf dem Westbalkan. Allein die Wiederaufnahme der direkten Gespräche zwischen Belgrad und Prishtina zeigt, dass die Beitrittsperspektive heute die größte Softpower der EU-Außenpolitik ist. Ohne diese würden sich die beiden Kontrahenten nicht einmal die Hand reichen.

Letztlich kann die Erweiterung der EU um die Länder Exjugoslawiens auch für bisherige Mitglieder von Vorteil sein. Wird etwa in diesem Prozess die organisierte Kriminalität auf dem Westbalkan endlich konsequent bekämpft, würde dies die Sicherheitslage in ganz Mitteleuropa verbessern.


wolfgang.boehm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2012)

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