Die Zweifel rund ums deutsche Gold

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Der Rechnungshof kritisiert die Bundesbank, weil sie ihre Goldreserven im Ausland nicht ordentlich kontrolliere. Ein großer Teil lagert in New York, in London und in Paris. Ist der Schatz der Republik in Gefahr?

Berlin/Gau. Am Golde hängt, zum Golde drängt doch alles. Vor allem Freunde von Verschwörungstheorien fühlen sich vom Edelmetall als Währungsreserve magisch angezogen. In Deutschland erhalten sie nun Rückenwind vom Rechnungshof. Er kritisiert die Bundesbank: Sie prüfe ihre Goldbestände im Ausland nicht so, wie es sich für einen ordentlichen Kaufmann gehört. Für Skeptiker der Beweis, dass der Schatz der Republik in Gefahr ist. Verliehen soll er sein, verpfändet, in Wertpapiere umgetauscht – der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt.

Auf 3400 Tonnen summieren sich heute die deutschen Goldreserven, ihr Wert liegt bei 143 Mrd. Euro. Ein großer Teil lagert in den Kellern dreier Notenbanken im Ausland: bei der New Yorker Fed, in London und in Paris. Wie viel, hat die Bundesbank nie verraten.

Laut Rechnungshof liegt nur ein knappes Drittel in Frankfurt. Der größte Teil ist im Felsgestein der Südspitze von Manhattan deponiert, zusammen mit Reserven aus 60 anderen Ländern – in Summe weit mehr als in Fort Knox. In Frankfurt gibt es jedes Jahr eine physische Inventur. Nicht so bei den Lagerstätten im Ausland. Seit 2007 erfolgten nicht einmal Stichproben. Man verlässt sich auf Bestätigungen der Partnerbanken, dass noch alles da sei. Mehr zu wollen, sei unüblich und ein Misstrauensbeweis, der diplomatische Verstimmungen auslösen könne.

Rückholaktion für 150 Tonnen

Diese Einwände beeindruckten den Rechnungshof nicht. Die Prüfer kritisieren eine mangelnde Kontrolle. Dabei berufen sie sich auf die Bilanzregel, dass Vorratsvermögen alle drei Jahre physisch überprüft werden muss. Die Bundesbank sieht ihr Gold zwar nicht als Vorratsvermögen, verspricht aber, die Empfehlungen aufzugreifen. Zudem will sie über drei Jahre jeweils 50 Tonnen aus New York zurückholen, einschmelzen, auf Echtheit prüfen und dann wieder neu pressen. In den Barren könnte ja womöglich Wolfram stecken – auch dies ein beliebter Verdacht.

Der ausgelagerte Goldberg ist ein Kind des Wirtschaftswunders. Bis Ende der 1960er-Jahre wuchsen die deutschen Reserven durch Exportüberschüsse auf 4000 Tonnen an. Eine Lagerung in Frankfurt, 100 Kilometer vom Ostblock entfernt, galt als zu gefährlich, weiter im Westen war das Gold sicherer.

Soweit die Fakten. Die Spekulation geht weiter: Die Amerikaner hätten gedroht, ihre Truppen abzuziehen, wenn die Deutschen noch mehr Dollarüberschüsse in Gold eintauschen und alle Barren nach Hause bringen – wie es die Franzosen praktizierten. Im Rahmen des Bretton-Woods-Systems mussten die USA einen Umtausch garantieren. Er hätte aber ihre eigenen Reserven stark dezimiert.

Heute sind Goldstandard und Kalter Krieg Geschichte. Dass Reserven weiter im Ausland liegen, hat vorrangig praktische Gründe: Der Handel mit Gold findet vor allem in New York, London und Paris statt. Wer es dort lagert, hat es rasch zur Hand. Zudem wäre ein sicherer Rücktransport sehr teuer.

Leistbar bleiben die kleinen Mengen, die jetzt zurückgeholt werden. Mit eskortierten Schiffen, Flugzeugen oder U-Booten? Die Gerüchteküche darf weiter brodeln – wenn auch weniger unter Hobbyökonomen als unter Möchtegern-Meisterdieben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2012)

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