Werner F. und die Steuern

Ein Jahr vor der Nationalratswahl nimmt die „Reichensteuer“ konkrete Formen an.

Bundeskanzler Werner Faymann hat also endlich eine Möglichkeit gefunden, wie die „Reichensteuer“ ohne großes Murren eingeführt werden könnte. Und das geht so: Die Grundbuchgebühr wird künftig nicht mehr von dem (niedrigen) Einheitswert eingehoben, sondern vom (deutlich höheren) Marktpreis. Ausgenommen sind alle, die wahltechnisch relevant sind: Familien, Bauern und Unternehmer. Sie zahlen wie bisher die niedrigere Grundbuchgebühr.

Mit anderen Worten: Wer Immobilien käuflich erwirbt, brennt künftig wie ein Luster. Dasselbe gilt natürlich für jene Bürger, die sich in entgeltlich angeschafften Häusern einzumieten gedenken. Sie werden die erhöhten Grundbuchgebühren in Form steigender Mieten bezahlen. Um widerwärtige kapitalistische Umtriebe wie diese im Keim zu ersticken, wird die SPÖ wohl schon fieberhaft an einer verschärften Mietpreisregulierung arbeiten. Und sollte dann der Wohnungsmarkt etwas trocken werden, darf wieder der Staat ran, um das arme Volk mit genossenschaftlichen Neubauten vom beklagenswerten „Marktversagen“ zu erlösen.

Wieso Herr Faymann wieder einmal nach neuen Steuern ruft? Ganz einfach: Weil er nichts anderes kann. Das ist irgendwie schade. Andernfalls könnte nämlich in aller Ruhe darüber diskutiert werden, warum der Bundeshaushalt seit 1954 ununterbrochen im Minus ist. Und warum die Bundesregierung ihre Bürger Jahr für Jahr mit neuen Steuerideen belästigt. Obwohl die Einnahmen von einem Rekord zum nächsten eilen.

franz.schellhorn@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2012)

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