Korruption: Wenn alles „wie geschmiert“ läuft

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Wie entsteht Anfälligkeit für Machtmissbrauch? Der ehemalige Chefpolizist Max Edelbacher skizziert in einem Buch den „korrupten Menschen“. Dabei wird die Problematik von mehreren Seiten beleuchtet.

Wien. „Heutzutage wird viel gewarnt: vor Unfällen, vor Unwettern – nur nicht vor Korruption. Aber gerade da gibt es zu wenig Bewusstsein.“ Das sagt Max Edelbacher, einst Leiter des Wiener Sicherheitsbüros (in dem er 1976 als Referent für Betrugsdelikte begann), heute Buchautor und Lektor an Universitäten mit Schwerpunkt Wirtschaftskriminalität. Ihn habe es interessiert, das Thema Korruption nicht nur akademisch zu sehen, sondern direkt „auf den Menschen herunterzubrechen“, sagt Edelbacher zur „Presse“.

Zusammen mit dem Psychotherapeuten und Unternehmensberater Karl Kriechbaum und dem Psychotherapiewissenschaftler Christian Felsenreich hat er nun ein Buch zum Thema vorgelegt: „Der korrupte Mensch – ein psychologisch-kriminalistischer Blick in menschliche Abgründe“. Dabei wird die Problematik von mehreren Seiten beleuchtet: Die Autoren gehen der Frage nach, wo Korruption beginnt, geben einen Überblick über aktuelle Fälle „made in Österreich“ wie „Bawag“, „Hypo“ oder „Buwog“, betrachten die Situation in anderen Ländern und versuchen zu ergründen, warum Menschen anfällig für Korruption werden. Auf den letzten 80 Seiten wird diskutiert, wie Polizei, Justiz und Zivilgesellschaft Korruption verhindern können.

„Früher gab es noch den Mann im dunklen Anzug, der mit dem Geldkoffer ins Parlament spazierte. Heute spielen Lobbyismus und Konsulententum eine dunkle Rolle“, heißt es. Es sei anzunehmen, dass heute „ein großer Teil der Schmiergeldzahlungen auf diese Art und Weise abgedeckt wird“.

„Politisches Versagen“

Für Felsenreich ist Korruption das Ergebnis von „politischem Versagen“. Die Politik nehme ihre „ureigenste Aufgabe, die Gesellschaft zu steuern und ein Auseinanderdriften der einzelnen Gesellschaftsschichten zu verhindern, nicht oder nur sehr mangelhaft wahr“.
Die EU investiere in Förderungen jährlich 120 Milliarden Euro. Laut dem EU-Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) werden „rund ein Drittel der geförderten Projekte unter betrügerischen Bedingungen eingereicht“. OLAF-Ermittler können  jährlich zwischen 40 und 70 Millionen Euro als Betrug nachweisen, heißt es in dem Buch.

Was ist zu tun? Korruptionscheck, Verhaltenskodex, Leitbilder, Überwachungssysteme – derartige Schlagworte gehören mittlerweile zum guten Ton in Großkonzernen und Behörden. Gerade aber bei der Polizei, bei der Spezialermittler Millionenjongleuren hinterherjagen, brauche es das Amt eines Korruptionsbeauftragten. Und um die Korruptionsanfälligkeit einzudämmen, müsse auch das Dienst- und Disziplinarrecht verschärft werden.

TIPP

M. Edelbacher, C. Felsenreich, K. Kriechbaum
Der korrupte Mensch
Goldegg Verlag, 415 Seiten, 24,90 €

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2012)

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