Die sechs Gründe für Obamas Sieg

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Barack Obama war Mitt Romney im Wahlkampf überlegen. Er baute auf die inspirierte Kampagne von 2008 auf, scheute vor harten Attacken nicht zurück und ist wesentlich beliebter.

In dem Moment, als Barack Obamas Sieg im Swing State Ohio den Präsidenten noch vor Mitternacht Ostküstenzeit über die magische Grenze von 270 Wahlmännerstimmen katapultierte, war nicht nur die Wahlschlacht 2012 endgültig geschlagen. Im selben Moment begann die Vorbereitung auf 2016: In den Parteien schlug die Stunde der Polit-Strategen. Akribisch wird der Wahlkampf durchleuchtet, werden die Umfragen bis in die kleinste Wählergruppe hinein analysiert, wird nach der goldenen Formel gesucht, die Obama den erneuten Triumph einbrachte, in einem Rennen, das mit dem vor vier Jahren nur eines gemeinsam hatte: Obamas großen Kampfgeist.

1. Barack Obama und sein Team hatten die richtige Strategie.

Statt auf einen Wohlfühl-Wahlkampf wie 2008 („Hope“, „Change“) setzte Obamas Lager auf eine aggressive Strategie: Früh, hart und schmutzig angreifen. Noch bevor Mitt Romney als Kandidat der Republikaner feststand, wurde er schon als kaltherziger Kapitalist porträtiert, dessen einzige Fähigkeit darin besteht, Leute zu entlassen und Geld in Steueroasen zu parken. Die Negativ-Kampagne verfing, zumal das Romney-Camp darauf verzichtete gegenzusteuern und den „echten Mitt“ in positiven Anzeigen zu präsentieren, wie es dessen Familie forderte.

2. Romney versagte bei wichtigen Wählergruppen

Dass Barack Obama 93 Prozent der Schwarzen Wähler für sich gewann überrascht nicht. Romney überließ ihm aber auch die Latinos weitgehend kampflos, die zu 69 Prozent für Obama stimmten. Mit seiner Aussage, illegale Migranten sollten „sich selbst deportieren“, hatte Romney sich bei ihnen unmöglich gemacht. Er schaffte es auch nicht, die Mittelklasse für sich zu gewinnen. Mehr als die Hälfte der Wähler war überzeugt, Romney mache vor allem Politik für die Reichen, während 43 Prozent den Eindruck hatten Obama würde der Mittelklasse am meisten nützen. Auch bei den Frauen war Obama stark: 55 Prozent der weiblichen Wähler stimmten für ihn, bei den unverheirateten waren es sogar 68.

3. Obama wirkte inhaltlich konsistenter als „Flip-Flopper“ Romney

Mitt Romney war als Gouverneur von Massachusetts 2003 – 2007 eher liberal. Um sich den Sieg im Vorwahlkampf zu sichern, musste er aber weit nach rechts rücken, besonders bei den „social issues“ wie Abtreibung oder Homo-Ehe. Dass er vor dem eigentlichen Wahl wieder versuchte, etwas in die Mitte zu rücken, war seiner Glaubwürdigkeit ebenso wenig förderlich. Obama hatte den Vorteil, dass man nach vier Jahren Regierung weiß, wofür er steht.

4. „Bush-Effekt“ und „Clinton-Faktor“ verschafften Obama Bonus

Die Republikaner und viele Wechselwähler trieb er damit auf die Palme, doch den eigenen Anhang konnte Obama mit der steten Reminiszenz an das desolate Erbe der Ära George W. Bush überzeugen. Ständig betonten die Demokraten, dass sie das Ruder in der schlimmsten Krise seit der Depression der 1930er-Jahre übernommen hätten, dass sie in den ersten Monaten der Amtszeit, pro Monat eine drei Viertel Million Jobs verloren – und dass sie Schlimmeres verhütet hätten.

Neben dem „Bush-Effekt“ verschaffte Obama im Wahlkampf vor allem der „Clinton-Faktor“ einen Bonus. Ex-Präsident Bill Clinton „rettete“ mit seiner Rede den Parteitag in Charlotte, überstrahlte einen matten Obama-Auftritt und sorgte im Handumdrehen für ein Umfragehoch. Obama pries ihn denn auch als „Cheferklärer“. Im Finale hetzt Clinton, ein Wahlkämpfer aus Leib und Seele, kreuz und quer durchs Land, um die Swing States abzusichern.

5. Das Obama-Team betrieb die Wahlkampagne bis zur Perfektion

Im Wahlkampf 2008 setzte die Obama-Kampagne neue Maßstäbe bei der Eintreibung von Kleinspenden via Internet und soziale Medien. Nach Meinung von Experten hat sie das „Ground game“ heuer noch übertroffen – die Durchdringung des Landes bis hinein in kleine Wahlkreise mit lokalen Büros, die Datenerfassung der Anhänger und potenziellen Wähler („Microtargeting“) und deren Mobilisierung in der Schlussphase. Das System stützt sich teils auch auf freiwillige Helfer, die sich aus Idealismus engagieren.

6. Der Präsident wirkt sympathischer als sein Herausforderer

An Sympathiewerten war der Präsident seinem Rivalen haushoch überlegen. Sein Vorsprung betrug zeitweise mehr als 20 Prozentpunkte. Mitt Romney versuchte gegenzusteuern, indem er bei jeder Gelegenheit seine Frau Ann und seine Großfamilie samt fünf Söhnen und 18 Enkeln präsentierte. Es gelang ihm indes nur ganz selten, das Image des steifen Managers und kühlen Rechners abzustreifen. Obama wirkte lockerer im Umgang, witziger und charmanter.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2012)

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