Deutschland steigt groß bei Airbus-Hersteller EADS ein

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Der deutsche Staat erwirbt zwölf Prozent am börsennotierten Luft- und Raumfahrtkonzern. Der Staatsanteil springt damit auf rund 30 Prozent.

Berlin/red./ag. Der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern EADS – Hersteller von Airbus-Passagierflugzeugen und Eurofighter-Kampfjets – kommt zunehmend unter staatliche Kontrolle: Wenn demnächst Deutschland einen direkten EADS-Anteil von zwölf Prozent erwirbt, werden die Staaten Spanien, Frankreich und Deutschland zusammen rund 30 Prozent am Flugzeughersteller halten. Derzeit ist Frankreich mit 15 Prozent und Spanien mit 5,5 Prozent beteiligt. Der Rest des börsenotierten Konzerns befindet sich in Privathand.

Der Einstieg Deutschlands ist Teil eines weitgehend ausgehandelten Abkommens zwischen Berlin und Paris über die „Machtbalance“ im europäischen Flugzeugkonzern. Demnach sollen Frankreich und Deutschland mit je zwölf Prozent gleichberechtigt größte Einzelaktionäre werden, Spanien bleibt bei 5,5 Prozent.

Frankreich muss Anteile abgeben

Frankreich muss zu diesem Zweck seinen Anteil durch Aktienverkäufe zurückfahren. Bisher soll sich die französische Regierung freilich strikt geweigert haben, ihren Anteil nennenswert zu verringern.

Die Deutschen müssen dagegen massiv zukaufen. Die Verkäufer der gewünschten Stücke sind allerdings schon gefunden: Der Autohersteller Daimler (Mercedes, Smart) wird die Hälfte seines 15-Prozent-Anteils verkaufen, weitere 4,5 Prozent werden von einer nicht genannten, „überwiegend in deutschem Besitz stehenden“ Investorengruppe kommen.

Die Verhandlungen über den Deal sind weit gediehen, bis Ende November sollen die Verhandlungen abgeschlossen sein. Der deutsche Wirtschaftsminister Philipp Rösler soll laut deutschen Medienberichten der Staatsbank KfW bereits die Vollmacht für den Ankauf der Aktien gegeben haben. Das deutsche Parlament hat den Großeinstieg des Staates schon abgesegnet.

Bisher ist Deutschland nur über die Staatsbank KfW mit einem Minianteil in der EADS vertreten. Das Heft in der Hand hat somit Frankreich als größter staatlicher Aktionär. Der deutschen Regierung ist das seit Längerem ein Dorn im Auge. Berlin drängt darauf, dass Entscheidungen in dem stark im Rüstungsgeschäft vertretenen Konzern künftig „transparent“ unter Einbeziehung der deutschen Regierung getroffen werden.

Bei EADS ist derzeit eine größere Neustrukturierung der Eigentumsverhältnisse im Gange. Die geht aber nicht immer ganz reibungslos über die Bühne. Erst vor wenigen Wochen waren langwierige Verhandlungen über eine Fusion der EADS mit dem britischen Rüstungskonzern BAE Systems geplatzt. Hauptgrund des Scheiterns: Die Regierungen in Paris und London waren beim Abstecken ihrer Einflusssphären im angepeilten Großkonzern auf keinen grünen Zweig gekommen.

Keine Reaktion an der Börse

An der Börse hat das Bekanntwerden der offenbar weit fortgeschrittenen deutsch-französischen Gespräche keine großen Auswirkungen gehabt: Der Kurs der EADS-Aktie gab gestern in einem de facto unveränderten Umfeld leicht nach. Die Analysten der deutschen Commerzbank stuften die Aktie nach den jüngsten Umbaumeldungen unverändert mit „Hold“ ein, das Kursziel des derzeit bei rund 25 Euro notierenden Papiers wurde mit 30 Euro festgesetzt. EADS wird an der Börse derzeit unter anderem von den Korruptionsvorwürfen in Zusammenhang mit der österreichischen Eurofighter-Beschaffung deutlich gebremst.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2012)

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