Bundesrat stoppt Schweizer Steuerabkommen

Wolfgang Schäuble
Wolfgang Schäuble c Dapd Axel Schmidt
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Der Streit um deutsche Schwarzgelder in der Schweiz geht in die nächste Runde. Österreichs Abkommen ist von dem Nein in Berlin nicht betroffen. Bisher zeigten sich 557 österreichische Steuerhinterzieher an.

Wien/Rie/Red. Die Pferde scheinen wieder gesattelt zu sein. Mit der „siebten Kavallerie von Fort Yuma“ hatte Deutschlands ehemaliger Finanzminister und jetziger SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück 2009 der Schweiz gedroht, sollte sie nicht zu Zugeständnissen beim Bankgeheimnis bereit sein. Das sorgte für Verstimmung zwischen den beiden Ländern, am Ende aber einigte man sich auf ein Steuerabkommen, von dem beide Staaten profitieren sollten.

Seit Freitag stehen die Zeichen wieder auf Konfrontation: SPD und Grüne haben im deutschen Bundesrat das Abkommen mit der Schweiz, über das jahrelang verhandelt wurde, zu Fall gebracht. Damit geht der Streit zwischen Berlin und Bern über die Schwarzgeldkonten in die nächste Runde.

Alles Werben, Mahnen und auch Fluchen von Finanzminister Wolfgang Schäuble blieb somit ohne Erfolg. Er hatte auf einen Milliardenregen gehofft und muss sich jetzt neue Einnahmequellen suchen: Das Abkommen mit der Schweiz hätte 2013 als Einmalzahlung zehn Milliarden Euro ins Budget spülen sollen.

Hoffen auf Vermittlungsausschuss

Österreichs Abkommen mit der Schweiz, das nach dem Vorbild Deutschland abgeschlossen worden ist, ist von dem Nein nicht gefährdet. Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) kann weiter mit einem Erlös von einer Milliarde Euro rechnen, den die Schweiz im kommenden Jahr als Abgeltung für Schwarzgeld nach Wien überweisen soll.

Die deutsche Bundesregierung will noch nicht alle Hoffnungen aufgeben. Schäuble erklärte, er wolle den Vermittlungsausschuss anrufen. In diesem Ausschuss soll nach einem Kompromiss mit den von der SPD und den Grünen geführten Ländern gesucht werden.

Die deutsche Opposition kritisiert an dem Abkommen, dass „Steuerbetrüger geschont werden“ und man ihnen auch noch „einen Steuerrabatt gibt“, wie es der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans formuliert hat. „Wir wollen ein Abkommen, das seinen Namen auch verdient hat und das Schlupflöcher schließt.“ Die vorliegende Vereinbarung untergrabe jedoch die Steuermoral und widerspreche der Steuergerechtigkeit.

Das gescheiterte deutsche bzw. das aufrechte österreichische Steuerabkommen sieht vor, dass Steuerhinterzieher für schon länger in der Schweiz liegende Schwarzgelder pauschal zwischen 21 und 41 Prozent (bei deutschen Staatsbürgern) bzw. 15 bis 38Prozent (Österreicher) zahlen müssen. Dieses Geld wird direkt von der betreffenden Bank abgeführt, womit die Identität des Anlegers weiterhin geheim bleibt. Mit dieser Nachversteuerung ist das Schwarzgeld legalisiert. Laufende Erträge aus Kapital in der Schweiz werden gleich wie in Österreich besteuert, nämlich mit 25 Prozent (bei deutschen Staatsbürgern 26 Prozent).

Laut einer Studie des Genfer Forschungsunternehmens Helvea aus dem Jahr 2010 wird in der Schweiz EU-Schwarzgeld im Ausmaß von etwa 500 Mrd. Euro vermutet. Österreicher sollen etwa 20,4 Milliarden Franken (nach damaligem Kurs zwölf Milliarden Euro, heute 16 Mrd. Euro) am österreichischen Fiskus vorbei in die Schweiz geschafft haben.

Die Debatte über die Steuerabkommen und die Angst vor Entdeckung haben, so Fekter in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des SPÖ-Abgeordneten Johann Maier, seit 2008 zu 433 Selbstanzeigen geführt. 124 zusätzliche Selbstanzeigen betrafen Schwarzgeldkonten in Liechtenstein, mit dem Österreich ebenfalls über ein Steuerabkommen verhandelt. Aus den Nachforderungen erhielt die österreichische Finanz knapp 117 Millionen Euro.

Profitiert hatte Österreich auch von den Steuer-CD-Käufen Deutschlands, die zuletzt wieder für Verstimmung mit der Schweiz sorgten. Allein das Faktum, dass Bankdaten an die Finanz verkauft wurden, führte laut der Finanzministerin zu 68 Selbstanzeigen.

Abkommen „nicht mehr verhandelbar“

Wie der Steuerstreit zwischen Deutschland und der Schweiz nach dem Scheitern des Abkommens weitergeht, ist offen. Man sei bereit, „mit Deutschland den Ratifizierungsprozess zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen“, sagte die Schweizer Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf am Freitag. Das Abkommen selbst sei aber nicht mehr verhandelbar, weil es bereits in der jetzigen Form vom Parlament abgesegnet worden sei.

Die Schweizer Banken müssen nun wieder fürchten, dass deutsche Bundesländer Steuer-CDs von ihren Bankangestellten ankaufen, und auch die verbalen Angriffe werden wieder kommen – spätestens im kommenden Jahr, wenn Peer Steinbrück in den Wahlkampf geht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2012)

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