Selbstanzeige ein wenig vereinfacht

(C) FABRY
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Das jüngst beschlossene Abgabenänderungsgesetz räumt eine Zweifelsfrage bei Selbstanzeigen per Umsatzsteuerjahreserklärung aus. Mehr aber nicht.

Wien. Durch eine Selbstanzeige kann der Steuerpflichtige Straffreiheit bezüglich eines Finanzvergehens (z.B. Steuerhinterziehung) erlangen. Seit einiger Zeit besteht Rechtsunsicherheit darüber, ob die Abgabe einer vollständigen Umsatzsteuererklärung eine formale Selbstanzeige ersetzen kann oder nicht. Das jüngst beschlossene Abgabenänderungsgesetz bemüht sich um eine Klarstellung, lässt aber trotzdem Fragen offen.

Für das Steuerrecht existiert ein eigenes Sonderstrafrecht, das im Finanzstrafgesetz (FinStrG) niedergelegt ist. Dadurch wird den materiellen und verfahrensrechtlichen Besonderheiten bei Finanzvergehen Rechnung getragen. Zuletzt ist es hier zu einer Reihe von Strafverschärfungen gekommen.

Straffreiheit wie bei tätiger Reue

Das Finanzstrafrecht kennt mit der strafbefreienden Selbstanzeige einen besonderen Strafaufhebungsgrund, der mit der tätigen Reue im allgemeinen Strafrecht vergleichbar ist. Durch eine wirksame Selbstanzeige kann ein Steuerpflichtiger nach einem Finanzvergehen Straffreiheit erlangen. Er kann also z.B. nicht mehr für eine von ihm begangene oder versuchte Steuerhinterziehung verurteilt werden. Eine Selbstanzeige führt aber nur dann zur Straffreiheit, wenn die umfangreichen und strengen Inhaltserfordernisse des § 29 FinStrG vollständig erfüllt werden. Voraussetzungen sind insbesondere:

•die umfassende Offenlegung des relevanten Sachverhalts,

•eine eindeutige Täternennung,

•die Darlegung des begangenen Delikts (z. B. Art und Umfang der begangenen Steuerhinterziehung),

•die rechtzeitige Schadenswiedergutmachung als Akt der tätigen Reue (Entrichtung der gesamten hinterzogenen Steuern),

•die Rechtzeitigkeit der Einbringung (keine Tatentdeckung durch die Finanzbehörden), sowie

•die Einbringung beim richtigen, das heißt beim zuständigen, Finanzamt.

Liegen nicht alle Voraussetzungen kumulativ vor, wirkt die Selbstanzeige nicht strafbefreiend. Eine Verurteilung nach dem FinStrG ist weiterhin möglich. Eine mangelhafte und damit unwirksame Selbstanzeige kann sich somit unter Umständen sogar kontraproduktiv auswirken, weil sie den Finanzbehörden die Ermittlungen erleichtert oder diese sogar erst zur Einleitung eines Finanzstrafverfahrens „animiert“.

Schwerwiegende Konsequenzen

Im Bereich der Umsatzsteuer kann die Abgabe unrichtiger bzw. unvollständiger Umsatzsteuervoranmeldungen (UVA) schwerwiegende finanzstrafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen:

•Handelt der Steuerpflichtige dabei vorsätzlich (wissentlich) und werden dadurch Umsatzsteuervorauszahlungen ganz oder teilweise nicht entrichtet oder Umsatzsteuergutschriften unrechtmäßig geltend gemacht, begeht er eine Umsatzsteuerhinterziehung für den betreffenden Voranmeldungszeitraum (Monat oder Quartal). Der maximale Strafrahmen beträgt in diesem Fall zwei Jahre Freiheitsstrafe.

•Bei bloß bedingtem Vorsatz –der Täter hält Fehler in der Voranmeldung ernstlich für möglich und findet sich damit ab – kommt zumindest eine Bestrafung wegen einer Finanzordnungswidrigkeit in Betracht.

•Lediglich die fahrlässige Abgabe unrichtiger UVA ist grundsätzlich nicht strafbar und zieht allenfalls die Vorschreibung von Säumnis- und Verspätungszuschlägen nach sich.

Werden in den UVA verschwiegene Umsätze später in der Umsatzsteuerjahreserklärung nacherklärt oder unberechtigt geltend gemachte Gutschriften berichtigt, sind die damit verbundenen finanzstrafrechtlichen Folgen umstritten: Überwiegend wird einer vollständigen und richtigen Steuererklärung die Qualität einer (konkludenten, das heißt schlüssigen) strafbefreienden Selbstanzeige zugebilligt. Eine Verurteilung wegen der (zeitweiligen) Umsatzsteuerhinterziehung unterbleibt somit. Von dieser Praxis ist jedoch in letzter Zeit der Unabhängige Finanzsenat, die Abgabenbehörde zweiter Instanz, abgegangen und hat in einigen Fällen Umsatzsteuererklärungen nicht als Selbstanzeige gewertet und somit eine Straffreiheit verneint.

Unsicherheit durch Finanzsenat

Diese Einzelentscheidungen haben zu erheblicher Rechtsunsicherheit geführt und wurden heftig kritisiert, da für Selbstanzeigen weder bestimmte Formvorschriften existieren, noch eine Titulierung als „Selbstanzeige“ erforderlich ist.

Durch das am 13. Dezember 2012 im Nationalrat beschlossene Abgabenänderungsgesetz 2012 ist es nun zu einer gesetzlichen Klarstellung zu Selbstanzeigen betreffend Umsatzsteuervoranmeldungsdelikten gekommen. Die Gesetzesänderung im Wortlaut: „Wird eine Selbstanzeige betreffend Vorauszahlungen an Umsatzsteuer anlässlich der Umsatzsteuerjahreserklärung erstattet, bedarf es keiner Zuordnung der Verkürzungsbeträge zu den einzelnen davon betroffenen Voranmeldungszeiträumen.“ Laut den Gesetzesmaterialien sollte dadurch eine bestehende Praxis der Finanzverwaltung abgesichert werden.

Die Gesetzesänderung stellt eine Praxiserleichterung dar, weil dadurch bei Umsatzsteuervoranmeldungsdelikten die vorstehend erläuterten Voraussetzungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige etwas gemindert werden. In einer Selbstanzeige ist eine exakte Zuordnung der hinterzogenen Steuerbeträge zu den einzelnen Voranmeldungszeiträumen, also zum betreffenden Monat oder Quartal, keine Bedingung für eine Straffreiheit.

Solide Basis fehlt noch immer

Es lässt sich daraus allerdings nicht ableiten, dass zukünftig die bloße Einreichung einer vollständigen und korrekten Umsatzsteuererklärung bereits als vollständige strafbefreiende Selbstanzeige im Sinn des § 29 FinStrG gilt. Eine gesetzliche Grundlage für eine (konkludente) strafbefreiende Selbstanzeige durch Abgabe einer richtigen Steuererklärung wurde damit unseres Erachtens nicht geschaffen. Die entsprechende Verwaltungspraxis der Finanzämter wurde daher nicht gesetzlich abgesichert. Abweichende Entscheidungen im Einzelfall und damit eine Versagung der Straffreiheit sind daher auch weiterhin möglich.

Soll eine vorsätzliche Hinterziehung von Umsatzsteuer in den UVA später im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung saniert werden, empfiehlt sich (weiterhin) folgende Vorgehensweise: Neben der richtigen Steuererklärung sollte auch ein entsprechendes Begleitschreiben an das Finanzamt übermittelt werden, das sämtliche Inhaltserfordernisse des § 29 FinStrG erfüllt. Nur so kann eine Straffreiheit weitgehend sichergestellt werden.

StB Dr. Baumann ist Partner und geschäftsführender Gesellschafter, Dr. Raab, LL.M. ist Tax Manager bei TJP Austroexpert Steuerberatungsgesellschaft m.b.H.

Auf einen Blick

Das Abgabenänderungsgesetz 2012ergänzt § 29 Finanzstrafgesetz um einen siebten Absatz. „Wird eine Selbstanzeige betreffend Vorauszahlungen an Umsatzsteuer im Zuge der Umsatzsteuerjahreserklärung erstattet, bedarf es keiner Zuordnung der Verkürzungsbeträge zu den einzelnen davon betroffenen Voranmeldungszeiträumen“, heißt es darin. Auch das ist aber noch keine Garantie dafür, dass in Zukunft die bloße Einreichung einer vollständigen und korrekten Umsatzsteuererklärung bereits als vollständige strafbefreiende Selbstanzeige im Sinn des § 29 Finanzstrafgesetz gilt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2012)

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