DNA-Analyse eine der schärfsten "Waffen" der Ermittler

APA/HANS KLAUS TECHT
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DNA bringt Verdächtige auch in schier unlösbaren Fällen mit Tatorten in Verbindung, wenn andere Bewesie fehlen.

Sie ist eine der schärfsten "Waffen" der Polizei: DNA bringt Verdächtige auch in schier unlösbaren Fällen mit Tatorten in Verbindung, wenn Augenzeugen und Geständnis sowie andere Sach- und Indizienbeweise fehlen. In Österreich werden DNA-Spuren seit 1. Oktober 1997 routinemäßig bei der Aufklärung von Straftaten eingesetzt. Im "Cold Case"-Mordfall Julia Kührer könnte ein Nachweis der Täterschaft weitgehend an der Expertise aus dem Labor hängen.

Die stammt von der renommierten Gerichtsgutachterin Christa Nussbaumer. Die Spezialistin für forensische Molekularbiologie und DNA-Analysen hat auf Überresten einer verbrannten Stoffdecke, die um die Leiche von Julia Kührer gewickelt war, DNA-Spuren eines Mannes nachgewiesen, der schon einmal zuvor als Tatverdächtiger festgenommen worden war und sich nunmehr erneut in Polizeigewahrsam befindet. Die teilweise verbrannte Decke hatte sich fünf Jahre lang in einem feuchten Erdkeller befunden. "Das sind denkbar schlechte Ausgangsbedingungen", sagt Nussbaumer im Gespräch.

"Einzelheiten erkläre ich dann vor Gericht"

Wie genau sie das offenbar bisher einzige Beweisstück der Polizei im Fall Kührer untersucht hat, will die seriöse Expertin nicht öffentlich preisgeben, um ein etwaiges Gerichtsverfahren nicht zu beeinflussen oder gar zu gefährden. Daher sagte sie nur so viel: "Es war nicht 'Standard'. Die Einzelheiten erkläre ich dann vor Gericht." Grundsätzlich laufe eine DNA-Analyse im Vorfeld technisch immer gleich ab, von der Spurensicherung am Tatort bis zur Extraktion der Spur und der Amplifizierung (Vermehrung,, Anm.) der DNA im Labor. "Die Auswertung ist aber immer anders."

DNA oder DNS, kurz für Desoxyribonukleinsäure, ist die Trägerin der Erbinformation. Sie befindet sich in den Zellkernen als Chromosomen organisiert, ein langes Kettenmolekül in Form einer schraubenförmigen Doppelhelix aus vielen Bausteinen, den Nukleotiden. Diese bestehen jeweils aus einer Phosphorsäure bzw. einem Phosphat, dem Zucker Desoxyribose sowie einer Base. Die einzelnen Nukleotide unterscheiden sich jeweils durch die Basen.

Das Genom eines jeden Menschen ist im Grunde einmalig (von eineiigen Zwillingen abgesehen). Zwar sind einander alle Menschen genetisch ausgesprochen ähnlich, doch es gibt gewisse Teile der Erbsubstanz auf den Chromosomen, die Variationen aufweisen. In diesen DNA-Abschnitten kommen bestimmte Basensequenzen in verschieden vielen Wiederholungen vor. Das sind für die Kriminalisten die entscheidenden Ansatzpunkte. Die Häufigkeit, dass solche Stellen zweimal vorkommen, beträgt mit den üblichen Analysemethoden durchschnittlich eins zu zehn Milliarden, ist also bei 6,5 Milliarden Menschen weltweit praktisch ausgeschlossen.

3000 DNA-Analysen pro Jahr

Das Labor: Untersucht wurde die verbrannte Stoffdecke im erst im Oktober eröffneten DNA-Labor in Mödling, das Christa Nussbaumer leitet. Das Land Niederösterreich hatte in den speziellen Fachbereich der Abteilung für Pathologie am Landesklinikum St. Pölten rund zwei Millionen Euro investiert. Einzugsbereich ist Ostösterreich und der Donauraum. Die niederösterreichische Polizei lässt rund 3000 DNA-Spurenträger pro Jahr untersuchen. Zuvor war die Bearbeitung forensischer Spuren an die Labors in Wien und Innsbruck ausgelagert worden.

Das DNA-Laborteam in Mödling arbeitet eng mit dem Bundeskriminalamt, mit Innen- und Justizministerium sowie der Landespolizeidirektion, der Staatsanwaltschaft und internationalen Organisationen zusammen. Christa Nussbaumer selbst ist seit 2001 als Sachverständige in diesem Bereich tätig. Unter ihrer "forensischen Lupe" fanden sich bereits zahlreiche spektakuläre Fälle, vom Mordversuch an dem Spitzer Bürgermeister Hannes Hirtzberger mit einem vergifteten "Mon Cheri" über den Wiener Mordfall Rebasso bis hin zum am Mittwoch als geklärt bekannt gegebenen Doppelmord an einem betagten Ehepaar in Obersiebenbrunn.

(APA)

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