Rumänien: Wie Basescu Ponta den Sieg verderben will

File picture shows Romania's Prime Minister Victor Ponta gesturing during a news conference at Victoria palace in Bucharest
File picture shows Romania's Prime Minister Victor Ponta gesturing during a news conference at Victoria palace in BucharestREUTERS
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Premier Ponta dürfte bei der Parlamentswahl am Sonntag diesmal für eine reguläre Amtszeit bestätigt werden. Er müsse mit Präsident Traian Basescu weder verhandeln noch einen Deal machen, verkündet er.

Arad. Auf dem Grill kokeln schwarze Wahlkampf-Bratwürste im Nieselregen. Mädchen in bestickter Tracht tanzen auf der Bühne einen trägen Reigen. Endlich kündigen schrille Hardrock-Klänge aus den plärrenden Lautsprechern am Avram-Iancu-Platz in Arad die verspätete Ankunft der Politprominenz aus dem fernen Bukarest an. Ein siegesgewisses Lächeln umspielt das verschmitzte Gesicht von Premier Victor Ponta, während der Mann mit der roten Krawatte unter dem Jubel von rund 1000 Anhängern das Podium erklimmt.

Er müsse mit Präsident Traian Basescu weder verhandeln noch einen Deal machen, verkündet der 40-jährige Führer des regierenden Mitte-links-Bündnisses USL seinen johlenden Anhängern. Die USL werde im Parlament die absolute Mehrheit haben – und er selbst wieder Premier sein, versichert der jugendlich wirkende Sozialdemokrat. Deshalb sei Basescu verzweifelt und verärgert: „Aber wer nimmt Herrn Basescu noch ernst? Er wird Schweine, Katzen und Hunde schlucken, einfach jedes Tier. Denn so viel, wie er bisher geschluckt hat, macht das ohnehin nichts mehr aus.“

Sie bekriegen sich bis aufs Messer

Eigentlich scheint die Wahl längst gelaufen, das USL-Bündnis kann laut Umfragen mit 48 bis 62Prozent der Stimmen rechnen. Dennoch bleibt der Stimmenstreit erbittert. Die Hauptprotagonisten sind alte Bekannte – und einander in tiefer Abneigung verbunden: Premier Victor Ponta und sein Widersacher im Präsidentenpalast, Traian Basescu, bekriegen einander über die Medien bis aufs Messer. Ponta sei ein „pathologischer Lügner“, wettert wortgewaltig der Präsident bei jeder Gelegenheit. Er werde nur einen „verantwortungsvollen und westorientierten“ Premier nominieren, der der Bewältigung der Wirtschaftskrise gewachsen sei, sagt der 61-Jährige und droht unverhohlen eine Verweigerung der Amtsverlängerung seines Rivalen an: „Man kann in der Politik Kröten schlucken, aber keine Schweine.“

Seit Ponta vor sieben Monaten das Regierungsszepter übernahm, liegen Premier und Präsident unversöhnlich im Clinch. Zunächst machte Ponta den Präsidenten als Drahtzieher für den gegen ihn im Juni losgetretenen Plagiatsskandal verantwortlich: Der Premier steht im Verdacht, seine Doktorarbeit über den Internationalen Strafgerichtshof abgeschrieben zu haben.

Verbissen setzte der Jungpremier zu einem Blitzrachefeldzug an: Mit Eildekreten entzog er dem Verfassungsgericht beim angestrebten Amtsenthebungsverfahren gegen Basescu das Vetorecht. Dieser „Verfassungsputsch“ hatte EU-weit empörte Reaktionen zur Folge. Das Referendum über die Absetzung von Basescu ging auf Druck Brüssels im Juli schließlich nach den Vorgaben des Verfassungsgerichts über die Bühne. Fast 90 Prozent der Wähler votierten zwar für die Absetzung Basescus. Doch dank des Boykotts seiner Anhänger wurde die nötige Mindestwahlbeteiligung von 50Prozent verfehlt.

Basescu droht erneut Amtsenthebung

Dieses Mal scheint Ponta beim Dauerfingerhakeln mit Basescu in einer besseren Position. Selbst wenn die USL wider Erwarten die absolute Mehrheit verpassen sollte, wird sie wohl mithilfe einer Partei der ungarischen Minderheit die Regierung bilden können. Dass Basescu eine Alternativmehrheit konstruieren kann, gilt als ausgeschlossen. Das bürgerliche Bündnis mit Expremier Mihai Razvan Ungureanu als Spitzenkandidat dümpelt laut Umfragen bei 17 bis 25Prozent dahin. Und der neuen Populistenpartei des umstrittenen Medienmoguls Dan Diaconescu, die zeitweilig auf einem Hoch von einem Viertel der Stimmen schwebte, trauen die Meinungsforscher nur mehr zehn bis 14 Prozent der Stimmen zu.

Nach der Wahl werde der Präsident wie bisher versuchen, einen Keil in das regierende USL-Bündnis zu treiben – und zunächst aus deren Reihen einen anderen Kandidaten als Ponta zum Premier nominieren, glaubt der Bukarester Politologe Christian Pirvulescu. Die Erfolgschancen dieser Strategie schätzt er jedoch als eher bescheiden ein: „Es wird schwierig für Basescu, eine Alternative zu Ponta zu finden.“ Sofern sich Basescu doch noch auf einen „klaren Kompromiss“ mit seinem Rivalen einlasse, werde er seine bis 2014 laufende Amtszeit wohl aussitzen können: „Wenn er aber den Konflikt mit Ponta sucht, droht ihm ein neues Verfahren zur Amtsenthebung.“

Ponta: Umkehrung der Opferrolle

Am 9.Dezember stimmten die Bürger nicht über den Premier, sondern über das neue Parlament ab, verkündet der Präsident verbissen. Wenn Basescu auf seiner Blockade beharre, werde das Parlament ihn erneut suspendieren lassen, kontert Ponta. Im Gegensatz zum Sommer, als die USL „zu schnell“ agiert und Basescu europaweit zu der Rolle als „Opfer“ verholfen habe, seien die Vorzeichen dieses Mal umgekehrt: „Wenn wir die Wahl gewinnen und Herr Basescu uns nicht erlaubt zu regieren, sind wir das Opfer – und er der Aggressor.“

Hintergrund

Der Sozialdemokrat Victor Ponta wurde im Mai 2012 rumänischer Premier, nachdem er mithilfe von Überläufern die konservative Regierung Ungureanu gestürzt hatte. Bereits im Folgemonat leitete das Regierungsbündnis USL ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Traian Basescu ein. Um dieses abzusichern, setzte Ponta Notverordnungen in Kraft und besetzte Ämter um, wie etwa das des Ombudsmanns. Damit wurden auch die Möglichkeiten des Verfassungsgerichts beschnitten, die Opposition warf Ponta einen „Verfassungsputsch“ vor, die EU rief den Premier zur Ordnung. Beim Referendum im Sommer wurde das nötige Quotum nicht erreicht, weshalb Präsident Basescu im Amt bleiben konnte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2012)

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