Reaktion II. Gerichte blind, Gefälligkeitsgutachten?

Rechtsanwalt Hermann Wenusch zeigt, wie man mit wenigen Zeilen eine bewährte Institution schlechtmachen kann: Antwort eines betroffenen Präsidenten.

Wien. Die im „Rechtspanorama“ der Vorwoche wiedergegebenen Ausführungen des Rechtsanwalts und Gerichtssachverständigen (!) Ing. DDr. Hermann Wenusch können nicht unerwidert bleiben, sind sie doch ein trauriges Beispiel dafür, wie man mit einer Ansammlung von Halbwahrheiten eine ganze Gruppe von Menschen in Misskredit bringen kann.

Wenusch erwähnt vier Gerichtsfälle, in denen er Sachverständigen Fehlleistungen vorwirft. Trotz Angabe von Aktenzeichen kann man sich damit nicht fachlich auseinandersetzen, weil die Inhalte der Verfahren nicht öffentlich bekannt sind. Ebenso unüberprüfbar und geradezu tendenziös ist die Behauptung, Gerichte würden sich blind auf Gutachten stützen. Selbstverständlich müssen diese im Zivilprozess jedenfalls über Antrag einer Partei von den Sachverständigen erläutert werden, die sich damit einer Auseinandersetzung in der Verhandlung stellen müssen.

Auch wird eine „unüberschaubare Zahl an offensichtlichen Gefälligkeitsgutachten“ herbeigeschrieben, die den Richter mit der Beweiswürdigung überfordere. Damit entfernt sich der Autor endgültig von jeder Realität, weil bei uns – anders als etwa in den USA – vor Gericht gerade kein „Wettstreit der Gutachter“ stattfindet, sondern nur die gerichtlich in Auftrag gegebene Gutachterleistung als Beweismittel zu würdigen ist. Zu behaupten, dass der dazu notwendige Akt der Beweiswürdigung „blind“ geschehe, die Gerichte „überfordere“, ist die unfaire Pauschalabwertung eines weiteren Berufsstands.

Die Gerichtssachverständigen sind sich bewusst, dass jedes noch so gute System verbessert werden kann und dass es in Einzelfällen zu Fehlleistungen kommen kann, die man aufzeigen muss, damit Fehler in Hinkunft vermieden werden. Mit unrichtigen Unterstellungen und abwertenden Aussagen allein wird diesem Anliegen aber ein ganz schlechter Dienst erwiesen.

Vis. Prof. DI Dr. Matthias Rant ist Präsident des Hauptverbands der Gerichtssachverständigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2012)

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