Wo Andy Warhol herkommt und Romys Liebhaber

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Das ostslowakische Kosice und das südfranzösische Marseille sind die Kulturhauptstädte 2013.

Andrej Warhola war noch nicht geboren, geschweige denn Andy Warhol geworden, da verließ seine Familie das Karpaten-Dorf Miková, um ihr Glück in den USA zu versuchen. Eine knappe Autostunde von Miková entfernt liegt Kosice. Nicht nur Warhol hat hier Wurzeln, der ungarische Autor Sándor Márai („Die Glut“) wurde in dieser Stadt geboren, als die heutige Slowakei noch zu Österreich-Ungarn gehörte. Romy-Schneider-Fans ist Kosice (früher „Kaschau“ und ungarisch „Kassa“ genannt) sowieso ein Begriff. Der ungarische Freiheitsheld Gyula Graf Andrássy von Csík-Szent-Király und Kraszna-Horka, der im „Sisi“-Film ihr Geliebter ist, stammt von hier.

Die nach Bratislava zweitgrößte Stadt der Slowakei im Osten des Landes ist also heuer von Brüssel gekürte europäische Kulturhauptstadt, gemeinsam mit der ebenfalls zweitgrößten Stadt ihres Landes, dem südfranzösischen Marseille.

Lichtreiche Stadt – und Gangsterhöhle

Die Impressionisten Auguste Renoir und Paul Cezanne liebten die lichtreiche Stadt am Mittelmeer, heute ist sie vor allem als schmutziges Gangsterparadies und Migranten-Problemstadt verschrieen.

Marseille hofft auf eine Imagepolitur, die Stadt hat „Den Süden teilen“ als Motto gewählt. Am Hafen hat sie eine Kulturmeile errichtet und im Rahmen eines gewaltigen Stadterneuerungsprogramms außerdem aufsehenerregende Neubauten: etwa das MuCEM, das Museum der Zivilisationen Europas und des Mittelmeerraums, und den riesigen, Schifffahrt und Kultur gewidmeten Hafenhangar J1. Aber die ganze Region, die Provence, wird einbezogen, so wird am Eröffnungswochenende (12. und 13. Jänner) in Aix-en-Provence ein „Pfad der zeitgenössischen Kunst“ eingeweiht.

Ganz anders das eine Woche später mit Andy Warhol startende Programm in Kosice. Es nennt sich mit einer Computer-Metapher „Kosice Interface 2013“, setzt weniger auf starke Effekte, sondern will vor allem die Einwohner einbeziehen und vernetzen. So sollen etwa Freiwilligen-Netzwerke die Bürgerbeteiligung stärken. Berüchtigt ist Kosice wegen der Deportation seiner gesamten jüdischen Bevölkerung nach Auschwitz, einst war es ein Zentrum des Judentums. Auch an diese Wurzeln wird das Kulturhauptstadtjahr erinnern. sim

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2012)

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