Feldversuch in USA: Al-Jazeera kauft Al-Gore-Sender

(c) AP (Danny Moloshok)
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Der arabische Nachrichtensender Al-Jazeera erwarb für 500 Millionen Dollar Current TV, den Kanal des früheren US-Vizepräsidenten Al Gore.

537 Stimmen war er im November 2000 vom Präsidentenamt entfernt, und auch der Oberste Gerichtshof gab seiner Klage auf Annullierung des amtlichen Ergebnisses nicht recht. In seiner zweiten Karriere hatte Ex-Vizepräsident Al Gore entschieden mehr Fortüne: Ein Friedensnobelpreis und ein Oscar für seine Klimawandel-Doku „An Inconvenient Truth“ markieren die Triumphe des Politrentners. Als Berater von Google und als Aufsichtsratsmitglied von Apple mischt der 64-Jährige, der sich einst gerühmt hatte, das Internet erfunden zu haben, im Silicon Valley mit.

Als Ko-Eigentümer des linksliberalen Nachrichtensenders Current TV blieb Gore der Erfolg jedoch versagt. Mehr als durchschnittlich 42.000 Zuseher wollten sich nicht zuschalten, obgleich der Patriziersohn – der „Mann, der dazu geboren war, Präsident zu werden“ – die Wahlnacht selbst im TV-Studio moderierte und die demokratischen Ex-Gouverneure Jennifer Granholm und Eliot Spitzer um Kommentare bat. Die größten Schlagzeilen provozierte indessen der Konflikt mit Keith Olbermann, dem von MSNBC verpflichteten Aushängeschild, der sich über den Dilettantismus mokierte.

Image als Osama-bin-Laden-Sender

Mit einem Schlag verdoppelte sich jetzt das Vermögen Gores. Von den 500 Mio. Dollar, die al-Jazeera die Übernahme von Current TV wert war, soll ein Fünftel für den Ex-Politiker abfallen. Nach seiner englischen Version startet der Nachrichtensender aus Katar mit „Al-Jazeera America“ erneut einen Feldversuch auf dem US-Markt.

Medienexperten zweifeln allerdings am Erfolg der ambitionierten arabischen TV-Station. Obwohl US-Außenministerin Hillary Clinton und andere den Beitrag al-Jazeeras bei den demokratischen Umwälzungen des Arabischen Frühlings priesen, haftet ihm in den USA das Image des Osama-bin-Laden-Senders an. Al-Qaida-Führer publizierten dort ihre Videos. TimeWarnerCable drohte prompt, Current TV aus seinem Kabelnetz zu entfernen. Ausländischen Sendern war bisher kein Erfolg in den USA beschieden – nicht einmal dem amerikanischen BBC-Ableger. vier

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2013)

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