Deutsche Kirche bricht Missbrauch-Untersuchung ab

AP
  • Drucken

Ein Institut hätte Missbrauch in der Kirche umfassend untersuchen sollen. Nun wurde der Vertrag gekündigt. Das Institut spricht von "Zensur- und Kontrollwünschen der Kirche".

Ein Forschungsprojekt zur Untersuchung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche Deutschlands ist vorerst gescheitert. Wie die Deutsche Bischofskonferenz am Mittwochmorgen erklärte, wurde der Vertrag mit dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) "aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung" gekündigt. Die Kirche suche nun einen "anderen Vertragspartner" für die Fortsetzung des Projekts.

Der Direktor des KFN, Christian Pfeiffer, erhob daraufhin schwere Vorwürfe gegen die katholische. Das Projekt sei "an den Zensur- und Kontrollwünschen der Kirche gescheitert", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Entgegen der ursprünglichen Vereinbarung habe die Kirche darauf beharrt, über die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse sowie über die Auswahl der beteiligten Mitarbeiter mitbestimmen zu dürfen.

Als weltweit umfassendste Untersuchung geplant

Der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) und das Forschungsinstitut hatten im Juli 2011 das Projekt vertraglich vereinbart. Laut KFN war es als weltweit umfassendste Untersuchung zu dem Thema angelegt. Akten aller Diözesen sollten teilweise seit Kriegsende auf Missbrauchsfälle untersucht und sämtliche Opfer schriftlich befragt werden. Zudem waren Interviews mit Opfern und Tätern geplant.

Der Zeitung zufolge forderte der Verband der Diözesen Änderungen an den Vereinbarungen, wonach die Kirche letztlich darüber hätte bestimmen können, ob die Ergebnisse veröffentlicht oder nie bekannt werden. Pfeiffer sagte am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin", dies sei für einen Doktoranden "inakzeptabel". Er rief die mutmaßlichen Missbrauchsopfer zudem auf, sich nun freiwillig zu melden, um das Projekt fortführen zu können. Dazu sollten entsprechende Fragebögen verschickt werden.

Bischöfe geben Pfeiffer die Schuld

Die Bischofskonferenz sprach von einem "zerrütteten" Vertrauensverhältnis zwischen Pfeiffer und den deutschen Bischöfen. Dessen Kommunikationsverhalten gegenüber der Kirche habe eine "weitere konstruktive Zusammenarbeit" verhindert.

(APA/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Religion

Kirche gegen Forscher: Deutsche Bischöfe stoppen Studie zu Missbrauch

Die katholische Kirche wollte Missbrauchsfälle wissenschaftlich aufarbeiten lassen. Nun kündigt sie den Vertrag, es mangle an Vertrauen. Das Institut spricht von Zensur.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.