Zwei Arten, durch den Schnee zu kommen

Zwei Arten durch Schnee
Zwei Arten durch Schnee(c) Fabry
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Bei schwerer Schneelage ist man im BMW 6er Gran Coupé mit Allrad besser aufgehoben. Sonst spricht absolut nichts gegen einen M6.

Das Auto hat 560 PS, doch momentan müht es sich, auch nur einen Bruchteil davon auf die Straße zu kriegen. Auf der frisch beschneiten Höhenstraße hält uns ein munterer Twingo mühelos auf Distanz. Der kann es sich auch leisten, vor Kurven später zu bremsen.

Natürlich hat ein Auto wie der BMW M6 bei solchen Bedingungen nichts auf der Straße verloren. Leute, die es besitzen, sind meist in Südfrankreich oder Kalifornien zu Hause. Und wenn sie in unseren Breiten wohnen, lassen sie den Zweitürer schön in der warmen Garage und nehmen das Allrad-SUV, bis es März oder April ist.

Der M6 ist nicht unbedingt ein Schönwetterauto, aber er braucht Traktion. Zu den Thrills, die er zu bieten hat, gehört nun einmal der Nachdruck, mit der man beim Beschleunigen in den Sitz gedrückt wird. Das ist ein Zug, der lange anhält, denn das Doppelkupplungsgetriebe hat den jeweils nächsten von sieben Gängen schneller parat, als man Zeichen der Ergriffenheit von sich geben kann.

Es wird zugespitzt

Derlei verbindet man ja auch mit dem Buchstaben M, der bei BMW für die brisante Zuspitzung fast aller Baureihen steht. Weniger für kompromisslose Sportlichkeit: Dafür ist der M6 mit seinen fast 4,9 Metern Länge und zwei Tonnen Gewicht zu üppig geraten, da hilft auch ein Dach ganz aus feinem Karbon nichts. Dank der feisten Leistung (4,4-Liter-V8, Biturbo) wäre man dennoch in 4,2 Sekunden auf 100 km/h (und irgendwann auf 305), und mit der Einstellung von Lenkung, Dämpfung und Schaltgeschwindigkeit lässt sich ein persönliches Set-up festlegen, das man per Knopfdruck am Lenkrad abruft. Das Coupé, das zum Vorgänger doch deutlich an Eleganz gewonnen hat, kostet theoretisch 142.950 Euro, tatsächlich wäre für feine, standesgemäße Extras noch der Gegenwert eines schönen 1er-BMW draufzulegen.

Zum M-Draufgängertum gehört es, dass man die Stabilitätskontrolle ganz ausschalten kann, was auf Schneefahrbahn die Kurzweil von allerlei Drifteinlagen ermöglicht. Wenn wir schon an dem Twingo nicht vorbeikommen.

Vergleichsweise ein Auto für alle Fälle ist das 6er Gran Coupé. Es bringt mit fünf Meter Länge und mehr Radstand zwei weitere Türen unter, damit ist das Gran Coupé ein Auto für vier Personen, die allesamt Limousinenkomfort genießen, also auch im Fond nicht kauern müssen (stattdessen kann man auch hinten die Sitze heizen und elektrisch verstellen).

Chic und Glamour

Wozu es das braucht, da es doch den 7er gibt? Ganz die falsche Frage, denn das Gran Coupé vermittelt auf den ersten Blick mehr Chic und Glamour als der geschäftsmäßige 7er – man fährt es, wenn man das erwerbstätige Leben mit Vorstandssitzungen und dergleichen bereits hinter sich hat.

Traktion lässt sich mit der Option X-Drive problemlos herstellen, und der Allradantrieb macht sich nicht nur auf der Schneefahrbahn gut: Speziell mit üppiger Motorisierung, eine andere ist gar nicht zu haben, schätzt man es, wenn die Kraft unter allen Umständen verlässlich auf den Boden findet, ohne dass es ruckt oder das Regelsystem eingreifen muss.

Im Fall des 650i (mit Allrad ab 109.950 Euro) lässt es sich leicht verschmerzen, dass es keine M-Variante für das Gran Coupé gibt. Der im Grunde gleiche Motor ist im langen 6er mit anderer Turboarchitektur etwas weniger raubtierhaft ausgelegt als im M6, außerdem verwaltet eine besonders geschmeidige Achtgangautomatik die 450-PS-Gewalt aus dem Motorraum. Dies ist einer der exquisitesten Achtzylinder auf dem Markt, was neben Klang, Laufkultur und Durchzug auch eine erstaunliche Sparsamkeit umfasst: 12,5 Liter sind mit etwas Langstrecke mühelos drin, ein freundliches Signal inmitten des Power-Bombasts.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2013)

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