„Wunderwuzzis mit Zigeunerblut“

Oder anders: Wirtschaftsdelegierte. Im heutigen Pressegespräch wurde der Beruf und das Auswahlverfahren vorgestellt - denn in zehn Tagen startet die Bewerbungsfrist.

Sechs von zehn Euro verdient Österreich durch internationale Geschäfte. Die österreichischen Unternehmen, die weltweit verstreut sind, können aber – meist aufgrund ihrer Größe – vor allem das Marketing nicht alleine managen. Deshalb wird ihnen von der Wirtschaftskammer (WKO), die ein dichtes Netz an Außenstützpunkten aufgebaut hat, zur Seite gestanden. Diese 117 Außenwirtschaftscenter werden von den Wirtschaftdelegierten, ehemals Handelsdelegierten, geführt. Diese „Vertreter der österreichischen Wirtschaft“ sehen diese Unternehmen im Ausland als Kunden und „stiften in dreierlei Hinsicht Nutzen“, erklärt Walter Koren, Außenwirtschaft-Abteilungsleiter der WKO. „Erstens durch Marktkenntnis, zweitens durch Marktkontakte und drittens durch Hilfe bei der Marktpositionierung. Das alles ist Business Intelligence, mit der wir österreichischen Unternehmen vor Ort helfen."

Was muss man mitbringen?


Was braucht es nun aber, um den Beruf des Wirtschaftsdelegierten auszuüben? „Abgesehen von der fachlichen Ausbildung, wie einem Wirtschafts-, Jus- oder Technikstudium, sollte man zwei Fremdsprachen wirklich gut beherrschen, wobei Englisch heutzutage nicht mehr als Fremdsprache zählt. Weiter sollten Auslandsaufenthalte während des Studiums getätigt worden sein. Wichtige Eigenschaften wie Flexibilität und Fähigkeiten für interkulturellen Zugang sind essenziell, eine schnelle Auffassungsgabe und man muss sehr gut ‚netzwerken’ können“, meint Koren. Derzeit stecken 136 Personen in dem zehnmonatigen Ausbildungsprogramm zum Wirtschaftsdelegierten, davon ein Fünftel Frauen. „Die Nachfrage von weiblicher Seite wird tendenziell größer, überraschend ist auch, dass sich Frauen auch für „gefährlichere“ Länder freiwillig melden, wie beispielsweise Nigeria. „Die Kollegin wollte da unbedingt hin.“

Umgehende Verantwortung

Christina Schösser war vor elf Jahren eine der Auserwählten. Nach drei Jahren London, drei Jahren Peking und drei Jahren Warschau hat sie die Zeit als stellvertretende Wirtschaftsdelegierte fertig absolviert. Nun ist die Ausbildung zu Ende. „Direkt nach den zehn Monaten hier in Wien wird man ins Ausland geschickt. Man übt dort sofort eine Führungsposition aus, weil es sehr oft vorkommt, dass der Wirtschaftsdelegierte, mit dem man eine Art Mentoring-Beziehung hat, andere Termine verfolgt. Dann musste ich einspringen. Es kann auch sein, dass gleich zwei Wochen nach der Ankunft ein österreichisches Unternehmen ankommt und um Hilfe bittet, da hat man dann nicht viel Zeit, sich einzuleben“, erklärt Schösser.

Wirtschaftsdelegierte sind also einerseits Angestellte der Wirtschaftskammer und Boss für lokal angestelltes Personal. „Es ist sehr wichtig, dass die Zusammenarbeit mit den Lokalen gut funktioniert. Wenn es beispielsweise um die Zertifizierung von Nahrungsergänzungsmittel in China geht, dann übernehmen die Lokalen den Schriftverkehr vor Ort. Ich habe natürlich Mandarin gelernt, ich beherrsche auch das Notwendigste, aber für derartige Formalien brauche ich diese Leute, deshalb muss da ein großen Vertrauen vorhanden sein.“ Michael Friedl ist bereits seit 14 Jahren als Wirtschaftsdelegierter unterwegs. Seine Ausbildungsjahre verbrachte er in Johannesburg, Abu Dhabi und in Washington. „Bewerbern würde ich raten Auslandserfahrung schon während des Studiums zu sammeln.“


Zweistufiges Aufnahmeverfahren


„Viele unserer Anwärter haben ein Volontariat über die Wirtschaftskammer gemacht. Wir haben durchschnittlich 250 Bewerber pro Jahr, davon werden 100 zum ersten Test eingeladen, davon 30 zum Hearing und rund zehn werden genommen. Dann folgen zehn Monate Ausbildung in Wien und dann „drei mal drei“ Jahre als Stellvertretung“, erklärt Koren. Für Interessierte gibt es keine Altersbeschränkung. Koren betont, dass versucht wird, auf die Wünsche der Auszubildenden einzugehen. „Letztes Jahr haben wir es geschafft, jeden zu seiner Präferenzdestination zu entsenden.“ Das würde davon abhängen, welche Sprachkenntnisse vorliegen, ob Familie mitreist, ob es dort eine verfügbare Stelle gibt. „Orte mit Sicherheitsrisiko, Gesundheitsrisiko und Umweltbeeinträchtigungen sind natürlich schwieriger zu besetzen, aber manche lieben auch die Herausforderung. Das sind eben Wunderwuzzis mit Zigeunerblut.“


Die aktuelle Bewerbungsfrist läuft vom 28. Jänner 2013 bis zum 15. März 2013.

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