Škoda Octavia: Der Österreicher heimliche Liebe

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Mit dem neuen Octavia kommt die dritte Generation eines Autos, das Škoda zur zweitstärksten Marke im Land gemacht hat. Als Designobjekt ist er ein Geheimtipp.

Wer fuhr vor den Neunzigerjahren einen Škoda in Österreich? Vielleicht kommunistisch angehauchte Eisenbahner, die sich für Autos mit Heckmotor begeisterten, die definitiv kein Porsche 911 waren. Unsere Wahrnehmung der Marke begann sich mit dem Škoda Favorit zu wandeln (Frontmotor, Design von Bertone), nachhaltiger mit dem Felicia, einem der billigsten Neuwagen im Land, als Vorläufer des Fabia ebenfalls mit ordentlichem Design. Da stand bereits Volkswagen hinter dem Label, und die Deutschen hatten sehr konkrete Pläne, wohin es gehen sollte.

Manifest Octavia

Das Projekt war Chefsache: Ferdinand Piëch, VW-Chef ab 1993, leitete die technischen Erste-Hilfe-Maßnahmen ein, rief Topdesigner zusammen (siehe Randspalte) und startete 1996 mit dem Octavia das dritte Leben der einst großen, durch Jahrzehnte der Planwirtschaft freilich gebeutelten Marke. Woran es beim ewigen VW-Sorgenkind Seat mangelt, das fand man an der Škoda-Heimstatt ums tschechische Mladá Boleslav zuhauf: lange Handwerkstradition, ein intaktes Ingenieurwesen, hungrig und hoch motiviert. Die aus Sicht des deutschen Konzerns geradezu entzückenden Lohntarife waren auch kein Schaden.

So kam es, dass Škoda heute in 100 Ländern auf der ganzen Welt vertreten ist – Plansoll erreicht –, vom Octavia als wichtigstem Modell wurden über 3,7 Millionen Exemplare verkauft. Bald wurde das boomende SUV-Segment mit dem Yeti besetzt, zum Verdruss der Kernmarke VW darf Škoda mit dem Superb sogar in der gehobenen Mittelklasse operieren.

Auffallend die Zuneigung, die Österreicher der Marke entgegenbringen: Škoda schloss 2012 als zweitstärkste Marke im Land (nach VW, vor Ford) ab, was maßgeblich an nur zwei Modellen liegt: Octavia und Fabia, die im Typen-Ranking Platz fünf bzw. sieben belegen. In keinem Land, außer dem Heimmarkt Tschechien, wo fast jeder Dritte Škoda fährt, ist die Marke so erfolgreich wie bei uns. Die Beziehung könnte sich noch vertiefen. Mitte März geht in Österreich der Octavia in dritter Generation an den Start. Das Auto wird formal der Kompaktklasse zugerechnet, tatsächlich strapaziert es deren Grenzen durch erneutes Längenwachstum (plus 9,0 cm): Mit 4,66 Meter überragt er den Golf um 40 cm. Die fast elf cm mehr Radstand zum Vorgänger stammen auch vom verkürzten vorderen Überhang, was wiederum den Proportionen hilft. Zugunsten luftiger Platzverhältnisse an Bord verzichtete man auf das heute übliche, dem dynamischen Eindruck dienliche Absenken der Höhe.

Der Österreicher Karl Neuhold, der zu Designchef Jozef Kabaňs Team gehört, führt ums Auto und sagt schöne Sachen wie „ehrlich wie Wasser“, spricht von „Stil, nicht Mode“, schwärmt für die ausgeprägte Tornadolinie (läuft vom Scheinwerfer bis ins Heck und teilt die Licht- und Schattenflächen der Flanke) samt aufgesetzter „Hohlkehle“ und erläutert schließlich den „kristallinen“ Eindruck einiger Elemente wie der Heckleuchten, die die böhmische Kunst des Glasschliffs zitieren.

Das Heck visualisiert nun auch die Modellhierarchie, und zwar über die Zahl der u-förmigen Lichtleisten in den Leuchten (eine Leiste heißt Fabia, zwei vermelden Octavia, drei den Superb). Die Scheinwerfer dagegen haben wieder zur formalen Strenge des Ur-Octavia zurückgefunden, Generation II war da fast ein modischer Ausreißer. Der Octavia ist also wieder ein lohnendes Objekt zur Studie von Automobildesign, von gelungenem, muss man hinzufügen.

Technisch stützt sich der Škoda auf die Architektur des aktuellen Golf, bis hin zu den zwei verschiedenen Hinterachsen je nach Motorisierung. Man teilt sich auch die Palette an Motoren und Getrieben, sie reicht von 86 bis 180 PS, TSI, TDI, vielfach mit DSG-Option, Combi und 4x4 im Windschatten.

Neben allerlei Assistenten bleiben noch die kleinen Mehrwert-Gadgets, die Škoda traditionell und ohne Aufpreis in den Autos versteckt: im neuen Octavia der Eiskratzer hinterm Tankdeckel, den mal also zur Hand hat, bevor eine Tür geöffnet werden muss, ein verblüffend simples Abtrennsystem für den Kofferraumboden, der wiederum wendbar ist von Plastik auf Stoff, die Warnweste in einem Fach unterm Sitz, ein Bordmistkübel und die Hutablage, die man mit einem Handgriff hinter der Rücklehne verstaut und die sich mit der Heckklappe hebt und senkt – Kleinodien beseelter Technik, die aus Fahrern Fans der Marke macht. Aber das muss man bei uns ja nicht erst groß erklären. Ab Mitte März zu Preisen ab 17.980 Euro.

Auf einen Blick

Škoda Octavia, tschechischer Besteller: Mit der Mittelklasselimousine begann, vorbereitet durch den Kleinwagen Felicia, der Siegeszug der Marke aus Mladá Boleslav, die ab 1990 schrittweise vom VW-Konzern übernommen wurde. Škoda setzte vom Octavia seit 1996 über 3,7 Mio. Stück ab.

In dritter Generation wuchs der Octavia um 9,0 cm in der Länge, Radstand: plus 10,8 cm.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2013)

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