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Modeindustrie: Wo man künftig genauer hinsehen muss

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Die Lieferketten-Richtlinie wird die Textilindustrie, die überwiegend global agiert, besonders treffen. Sie ist ein wesentliches Argument für den Einsatz digitaler Technologien wie Blockchain.

Völlig offen ist derzeit, wer von den zahlreichen Playern im Markt der digitalen Wertschöpfungsketten den Standard setzen wird. Zu jung und zu fragmentiert sind die diversen Initiativen noch. Über die Jahre werden vor allem die Projekte, die die Nachverfolgung der Produkte vom Rohmaterial her denken (TextileGenesis) und die Projekte, die vom fertigen Markenprodukt (Aura) kommen, verschmelzen.

Konsumenten als Financiers

Konsumenten begrüßen jedenfalls schon jetzt solche Anwendungen und würden auch mehr Geld für ein T-Shirt zahlen, das Nachhaltigkeit garantiert und Greenwashing ausschließt. Wie eine Umfrage im Rahmen des MBA-Programms für Digitalisierung an der LIMAK bzw. Johannes Kepler Universität ergab, würden 40 Prozent der 777 auf Instagram und Facebook befragten jungen Menschen 15 Prozent mehr für ein garantiert nachhaltiges T-Shirt zahlen, weitere 40 Prozent zwischen sechs und 15 Prozent mehr. Sie setzen damit für Modemarken den Anreiz, diese Technologie tatsächlich umzusetzen.

Denn gratis gibt es die Nachhaltigkeitsplattformen in der Blockchain nicht. Bei Rohstoffen, die während der Produktion stark verändert werden – und das sind Textilien –, reicht die Nachverfolgung auf der Blockchain nicht aus. Es müssen bei den vielen Weiterverarbeitern regelmäßig Audits durchgeführt werden, die die Lagerhaltung und die Einträge auf der Blockchain abgleichen. Das schließt viele kleine und nicht genau dokumentierende Firmen in Asien als Geschäftspartner aus. Mittel- und langfristig werden aber auch diese umstellen müssen, wenn sie im Geschäft bleiben wollen. Denn auf lange Sicht werden Unternehmen, die Nachhaltigkeitskriterien nicht sicher umsetzen, ihren Daseinszweck verlieren.

Neben den Wünschen der Konsumenten und den Forderungen der NGOs, genauer auf die Lieferketten zu schauen, kommt nun auch Druck vom Gesetzgeber. Ein wesentliches Argument für den Einsatz der neuen Technologie ist in der Branche noch nicht überall angekommen: Die Lieferketten-Richtlinie der Europäischen Union. Sie soll nach derzeitigem Stand noch dieses Jahr finalisiert werden und muss dann innerhalb von zwei Jahren in das jeweilige nationale Recht der Mitgliedsländer umgesetzt werden. Der Verkäufer eines Produktes könnte dann für die Geschäftsgebarung der gesamten Wertschöpfungskette haften.

»„Der Begriff ‚Wertschöpfungskette‘ in der jetzigen Fassung des Entwurfes könnte eine breitere Anwendbarkeit implizieren. So auch die ‚etablierte Geschäftsbeziehung‘. Erfasst sein können nicht nur entgeltliche Verträge, sondern zum Beispiel auch Betriebsabläufe“«

sagt Christian Richter-Schöller

Co-Head der Sustainability Group bei der Wiener Rechtsanwaltskanzlei Dorda

Schon jetzt ist klar, dass die Lieferketten-Richtlinie die Textilindustrie besonders treffen wird. Denn sie ist besonders global. Bei Vertragspartnern in Ländern, in denen man sich bezüglich Einhaltung der Umwelt- und Menschenrechte nicht sicher sein kann, muss man jedenfalls künftig genauer hinsehen“, so Richter-Schöller.

Noch arbeitet die Modeindustrie extrem unterschiedlich. Die Hersteller von Luxusmarken achten auf Qualität und Fälschungssicherheit. Sie werden so zu den Vorreitern, wenn es um die digitale Nachverfolgbarkeit der Produktion ihrer Kleidungsstücke geht. Am anderen Ende stehen die Anbieter von Fast Fashion, für die niedrige Kosten ausschlaggebend sind. Sie werden wohl ihre Produkte weiterhin rund um die Erde schicken, damit sie die Waren möglichst billig anbieten können. Sie haben kein Interesse an Transparenz. Das neue Gesetz könnte die Standards in der Modebranche neu definieren. Wer jetzt schon auf die nachhaltige Produktion von Textilien setzt, wird dann im Vorteil sein.

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