Archäologie

Seltene Funde in Pfahlbausiedlung bei Laibach

Die Ausgrabungen bei Crnelnik und Stare gmajne beschäftigen internationale Teams.
Die Ausgrabungen bei Crnelnik und Stare gmajne beschäftigen internationale Teams.ZRC Sazu
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Kleine Kotproben aus der Jungsteinzeit enthalten Fisch- und Pflanzenreste. Stammen sie von Hunden oder Menschen?

Sag mir, was du isst, und ich sage dir, wer du bist. So einfach wie in dem 200 Jahre alten Spruch aus Frankreich (dem Autor Jean Anthelme Brillat-Savarin zugeordnet) läuft es bei archäologischen Funden nicht. In den Spuren halten sich nur wenige Details, sodass es schwierig ist zu sagen, wer was in einer Siedlung vor unserer Zeit gegessen hat.

Der konkrete Fall dreht sich um 16 versteinerte Kotproben aus Pfahlbausiedlungen im Laibacher Moor, Slowenien. Rein optisch ist nicht zu erkennen, ob die Exkremente von Mensch oder Hund stammen. Auch mit DNA-Auswertung ist es nicht leicht. Während frischer Hundekot in einer PCR-Analyse in wenigen Stunden als solcher zu identifizieren wäre, ja Rasse und Herkunft des Tiers über DNA-Datenbanken aufscheinen würden, schaffen es moderne Geräte nicht, archäologische DNA-Bruchstücke so zu sortieren, dass eine sichere Aussage herauskommt. Die aDNA (ancient DNA) hilft den Forschenden nicht immer.

Die „Kotsteine“, Koprolithen, haben tausende Jahre alt im Moor überdauert.
Die „Kotsteine“, Koprolithen, haben tausende Jahre alt im Moor überdauert.Galik/ÖAW

Daher fragt der Archäozoologe Alfred Galik vom Österreichischen Archäologischen Institut der ÖAW im laufenden Projekt: „Hund oder Herrl? Koprolithen aus einer Pfahlbausiedlung“ (finanziert vom Wissenschaftsfonds FWF). „Koprolith“ übersetzt sich als Kotstein, das sind fossile Exkremente.

Siedlungen ab 3900 v. Chr.

Die Funde sind selten, da solch Material in der Natur flott zersetzt wird. Nur über außergewöhnliche Umstände bleiben Kotstücke Jahrtausende erhalten und speichern Informationen über die Ernährungsweise der Individuen. Das Laibacher Moor südwestlich von der slowenischen Hauptstadt, Ljubljana, bietet genau diese Besonderheiten. Es ist Teil des Unesco-Welterbes „Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen“, zu dem auch archäologische Stätten in Kärnten und Oberösterreich gehören. Bei Črnelnik lebten in der Zeit von 3900 bis 3800 v. Chr. europäische Bauern als Teil der ersten modernen Gesellschaften. Beim fünf Kilometer entfernten Stare gmajne sind die Siedlungen ab 3500 v. Chr. dokumentiert.

Die prähistorischen Pfahlbausiedlungen bieten Forschenden eine Vielfalt an Material, weil die Feuchtgebiete manch bakterielle Zersetzung verhindern. „Durch das Wasser und die Schlammschichten bleibt vieles, das hineinfällt, erhalten“, sagt Galik. Der Luftabschluss konserviert nicht nur Exkremente, sondern auch Holz, Leder, Schnüre und Haare aus der späten Jungsteinzeit bis zur frühen Kupferzeit bei Pfahlbauten quer durch Mitteleuropa.

„Meine Kollegin Tjaša Tolar von der slowenischen Akademie der Wissenschaften wollte wissen, woher die Koprolithen stammen, die im Laibacher Moor ungewöhnlich oft gefunden wurden“, sagt Galik. Sein Spezialgebiet sind archäologische Fischreste und Fischknochen. Genau diese wurden in hohem Anteil in den Kotproben gefunden. „Man erkennt zwar, was alles an Fischen gefangen und gegessen wurde, oder welche Vorlieben es beim Fischkonsum gegeben hat. Aber ob die Fundstücke von Mensch oder Hund stammen, ist nicht leicht zu sagen“, sagt Galik.

Alle (fr)aßen das Gleiche

Weder erlaubt die Form Rückschlüsse, noch unterscheiden sich die Zusammensetzungen der Rückstände bei Hund und Herrl. Denn Erstere bekamen ja die Abfälle dessen zu fressen, was die Menschen übrig ließen. „Freilich deutet ein höherer Anteil an Pflanzenresten auf menschliche Herkunft hin, aber trivial ist die Unterscheidung nicht“, betont Galik. Die Bestimmung läuft nun über chemische und andere Analysen der Knochen- und Pflanzenreste. So konnten anhand der Pollen, die in den prähistorischen Ausscheidungen gut erhalten sind, die jeweiligen Jahreszeiten und ökologischen Bedingungen ermittelt werden. In vier Koprolithen, die bisher Hunden zugeordnet wurden, stammten 40 Prozent der Pollen aus Bäumen und Sträuchern, 60 Prozent aus Kräutern und Sporen. In den Feuchtgebieten sind hauptsächlich wasserabhängige Pflanzen zu finden, aber auch Sorten, die auf menschliche Gewohnheiten hindeuten – wie Spuren von Flachs, Weinreben und Getreidearten.

Diese Barsch-Schuppe wurde im Laibacher Moor in den Koprolithen gefunden.
Diese Barsch-Schuppe wurde im Laibacher Moor in den Koprolithen gefunden.Galik/ÖAW

„Wir versuchen auch, Krankheitserreger im Kot dem jeweiligen Erzeuger zuzuordnen“, sagt Galik. Doch nicht einmal so ist für alle Koprolithen die klare Aussage gelungen, welche Parasiteneier zu welcher Art gehören. Spulwurm, Bandwurm und ähnliche Darmschmarotzer kommen sowohl bei Hund und als auch bei Mensch vor.

Die Leute waren gute Fischer

Spannend ist für Galik nun die Analyse der vielen Fischknochen in den Exkrementen aus dem Laibacher Moor. „Man wusste schon, dass die Menschen in jungsteinzeitlichen Pfahlbauten viel gefischt haben. Aber hier finden sich zahlreiche sehr kleine Fische, also solche, die nicht an Haken gehen“, sagt Galik. Die großen Mengen an Jungfischen, die typischerweise in Ufernähe leben und deren Knochen und Schuppen in den Koprolithen zu sehen sind, deuten darauf hin, dass die Gesellschaften vor über 5000 Jahren auf Fischerei spezialisiert waren. „Sie mussten die Biologie der Fische kennen und wissen, wann und wo sie laichen“, sagt Galik. Frühere Ausgrabungen brachten manche großen Fänge ans Licht, doch die neuen Funde belegen, dass große Fische eher selten waren und fünf bis zehn Zentimeter kleine Fische die Hauptmahlzeiten. Die Vielfalt umfasste Karpfen, Häsling, Rotauge, Flussbarsch, Hecht und mehr.

„Ob der Hund damals schon ein so enger Begleiter oder Schoßhündchen war wie heute, das erkennen wir hier nicht. Aber die Tiere lebten eindeutig mit den Menschen und fraßen, was die ihnen gaben.“

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