Recycling: Die Mülldeponie wird digital

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Effizientes Recycling dank Hightech: Heimische Best-Practice-Beispiele, wie Entsorgungsfabriken zukunftsfit werden.

Sie setzt auf maschinelle Intelligenz sowie Nahinfrarot-Sensorik und wird voll digital aufgestellt sein. In Ennshafen entsteht derzeit die modernste Sortieranlage in Europa und die größte Mülldeponie in Österreich. Das Investitionsvolumen beträgt rund 60 Millionen Euro und ist ein Joint-Venture von ARA, dem Mollner Bauunternehmen Bernegger und der Grüne Punkt Holding aus Deutschland. Die neue Anlage schafft es, ab 2025 über 100.000 Leichtverpackungen aus der Tonne für die Wiederverwertung zu sortieren und aufzubereiten. Effizientes Recycling dank Hightech. Bisher beschränken sich die Sortierkapazitäten auf bis zu 30.000 Tonnen pro Jahr und Anlage. Damit eröffnet man ein neues Geschäftsfeld in Österreich. Künftig soll recycelbarer Abfall auch aus dem Ausland importiert werden, um diesen in Österreich für die Verwertung aufzubereiten. Dabei soll die Anlage auch nachhaltig arbeiten, indem sie sich zum Teil über Fotovoltaikanlagen selbst mit Strom versorgt. Dank eines Bahnanschlusses und der Möglichkeit, bis zu fünf Züge gleichzeitig zu entladen, soll der Müll CO2-schonend per Schienensystem zum Standort gebracht werden. 

Der Verwertungsbetrieb PET to PET Recycling Österreich GmbH in Müllendorf, ein Unternehmen von Firmengruppen wie Coca-Cola, Egger Getränke, Rauch Fruchtsäfte oder Vöslauer, ist die bisher einzige Polyethylenterephthalat-Recyclinganlage der heimischen Getränkeindustrie und stellt aus alten Flaschen den Rohstoff für neue Flaschen her. Im Mittelpunkt des Betriebes steht die Herstellung von PET-Rezyklat, bei dem aus alten PET-Flaschen wieder neue entstehen. Zunächst werden die Flaschen im Container gesammelt, nach Farben sortiert und im Müllunternehmen zu großen Ballen gepresst, um nach Müllendorf gebracht zu werden. Ein Ballen wiegt rund 250 Kilo und enthält rund 10.000 Flaschen. Dort werden Fremdstoffe händisch aussortiert, bevor der Inhalt in der Mühle dann zu PET-Flakes zerkleinert wird, die einen Reinigungsprozess durchlaufen müssen. Im Starlinger-Verfahren werden die Flakes hoch erhitzt, durch ein Sieb gepresst und zu kleinen Granulatkörnern geformt. Das gewonnene Material hat nahezu die Eigenschaften von Neumaterial. Von der Anlieferung der Ballen bis zum fertigen Rezyklat vergehen nur acht bis zehn Stunden. Im letzten Jahr wurde in Müllendorf ein neuer Recycling-Höchstwert verzeichnet: 32.900 Tonnen PET-Material aus rund 1,3 Milliarden Flaschen, eine Steigerung der Verarbeitungsmenge von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dieses Jahr soll auf der Überdachung der Lagerflächen eine 6400 Quadratmeter große Fotovoltaikanlage installiert werden und der gewonnene Strom direkt wieder in der Recyclinganlage eingesetzt werden.

Treibstoff aus Plastik

Auf Importe aus dem Ausland wird auch eine weitere große Entsorgungsfabrik setzen, die ebenfalls in Österreich in Planung ist. Die OMV hat vor, in Schwechat eine Anlage mit einer Kapazität von 4000 Tonnen zu bauen, in der durch ein chemisches Recyclingverfahren aus Kunststoffabfällen Rohmaterialien für die Produktion von Kraftstoffen und Raffinerieprodukten entstehen soll. ReOil wird das genannt, wenn aus Kunststoff wieder Öl gewonnen werden soll. Der Herstellungsprozess soll rückgängig gemacht werden und aus Kunststoffabfall wieder „recyceltes“ Rohöl hergestellt werden. Im Rückgewinnungsprozess muss der Kunststoff auf über 400 Grad Celsius erhitzt werden, bei der die langen Kunststoffmolekülketten zerlegt werden und synthetisches Rohöl entsteht. Allerdings leiten Kunststoffe im Vergleich zu Glas oder Metall Wärme nur schlecht. Beim thermischen Cracken werden Druck und Temperatur erhöht, die entstehenden Schwingungen können die Ketten aufbrechen. Für diesen Prozess, basierend auf der Idee von Wolfgang Hofer, der an Technologie- und Rohstofflösungen bei der OMV arbeitet, hält der Konzern in Europa, USA, Russland, Australien, China, Indien, Japan und weiteren Ländern das Patent. Das Recyclingverfahren ist nach einer Testphase nun bereits vollständig in die Raffinerie-Abläufe eingebaut. Die Qualität der Produkte aus dem ReOil-Prozess soll laut OMV bereits in der Testanlage so gut gewesen sein, dass es mit bestem Rohöl verglichen werden kann. Bis 2025 soll die neue ReOil-Anlage mit einer Verarbeitungskapazität von rund 200.000 Tonnen Altkunststoffen pro Jahr im industriellen Maßstab entstehen. Aus 100 Kilogramm Abfall werden über das ReOil-Verfahren rund 100 Liter wertvolles Rohöl gemacht – das soll nun skaliert werden.

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