Junge Forschung

Zahlenspiele fürs Gemeinwohl

Lukas Daniel Klausner will seine wissenschaftlichen Erkenntnisse über gesellschaftsrelevante Technikaspekte aktiv in die Gesellschaft tragen – und diese so mitgestalten.
Lukas Daniel Klausner will seine wissenschaftlichen Erkenntnisse über gesellschaftsrelevante Technikaspekte aktiv in die Gesellschaft tragen – und diese so mitgestalten.Lukas Aigelsreither
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Mathematiker Lukas Daniel Klausner weiß, wie man vieles auf einen gemeinsamen Nenner bringt. Bei seinen zahlreichen Forschungsthemen und Interessen ist das nicht so einfach.

Wie tickt ein Mensch, der an der Schule und der Universität alle Prüfungen mit „sehr gut“ abgeschlossen hat? Der auf seiner persönlichen Internetseite „Wien und das Internet“ als Wohnorte angibt und der ebendort seinen Namen zwecks korrekter Aussprache zusätzlich in Lautschrift wiedergibt? Jemand, der zu acht Fremdsprachen auch noch die Österreichische Gebärdensprache beherrscht und der als junger Wissenschaftler an der Fachhochschule (FH) St. Pölten schon etliche Publikationen zu Themen rund um Technik und Gesellschaft vorzuweisen hat?

Klingt etwas nach Geek – früher hätte man vielleicht Streber gesagt –, aber Lukas Daniel Klausner kann auch ganz anders. Familienvater sein zum Beispiel oder als Sänger im Chor der TU Wien moderne Popsongs von Bands wie Wir sind Helden in neuem Gewand präsentieren. Ist dieser Lukas Daniel Klausner auch ein Held? „Nein, meine Interessen hängen ja alle miteinander zusammen, da gibt es viele Gemeinsamkeiten“, sagt der 36-Jährige, der seine Dissertation im Fach Mathematik über unendliche Kardinalzahlen verfasst hat. „Genauigkeit, Strukturiertheit und Musterbasiertheit zum Beispiel spielen sowohl in der Mathematik und in der Technik als auch in der Musik eine Rolle.“ Nachsatz: „Und wenn man einen zweieinhalbjährigen Sohn hat, muss man auch seinen Tag gut strukturieren.“

An der Schnittstelle zwischen Technik und Gesellschaft

Angestellt am Institut für IT-Sicherheitsforschung gibt Klausner „alles an der Schnittstelle zwischen Technik und Gesellschaft“ als Fokus seiner wissenschaftlichen Tätigkeit an. So befasst sich eines seiner aktuellen Projekte mit vorhersagebasiertem Risikomanagement bei Lieferketten. „Durch immer strengere rechtliche Rahmenbedingungen und durch gesellschaftlichen Druck, etwa vonseiten der NGOs, müssen sich Unternehmen Gedanken über die Herkunft ihrer Produktbestandteile machen und in ökologischer, sozialer und auch arbeitsrechtlicher Hinsicht Verantwortung für ihre Lieferketten übernehmen“, erklärt er. „Das betrifft nicht nur direkte Zulieferer, sondern auch deren Sublieferanten.“ Im Spannungsfeld unterschiedlicher Transparenzanforderungen seitens der Unternehmen selbst sowie der Behörden und der Öffentlichkeit spielen technische Lösungen und deren Anbieter, sogenannte Merchants of Transparency, eine zunehmend wichtige Rolle.

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Genauigkeit, Strukturiertheit und Musterbasiertheit spielen sowohl in der Mathematik und Technik als auch in der Musik eine Rolle.«

Lukas Daniel Klausner

Mathematiker

In einem weiteren Projekt versucht Klausner, ein Bewertungssystem für Open-Source-Software zu etablieren. „Viele Unternehmen nutzen solche frei verfügbare Pakete, ohne sicherzustellen, ob diese auch kontinuierlich gewartet werden. Wir wollen eine Datenbank auf Basis eines Kriterienkatalogs erstellen, der unter anderem berücksichtigt, wie viele Mitarbeiter an dieser Software beteiligt sind, von wie vielen Firmen die kommen, welche Finanzierungsbasis sie haben oder wie rasch sie auf aufgezeigte Sicherheitsprobleme reagieren.“

Klausner will seine Erkenntnisse über gesellschaftsrelevante Technikaspekte aber auch aktiv in die Gesellschaft tragen und diese mitgestalten. Dafür war er lange Zeit in einer NGO engagiert, die sich zum Thema Umgang mit Chancen und Risiken der Technik Gedanken macht. Seit drei Jahren ist er Mitorganisator der „Netzpolitischen Abende“, die die Vernetzung unterschiedlicher Stakeholder zum Ziel haben.

Volle Tage in St. Pölten und Lübeck

Als ob das alles nicht zeitintensiv genug wäre, hat sich Klausner nebenbei noch Kenntnisse in Spanisch, Schwedisch, Japanisch und anderen Sprachen angeeignet. Der Versuch, dieses Interessengebiet durch ein Linguistik-Studium auch auf ein wissenschaftliches Fundament zu stellen, wurde letztlich aber doch nach wenigen Semestern zugunsten der anderen Engagements aufgegeben. Ebenso, wie Klausner nur noch selten Muße für den Tanzsport oder fürs Bogenschießen findet. Dafür ist er seit zwei Monaten neben seiner Tätigkeit an der FH St. Pölten als Gastforscher an der Uni zu Lübeck tätig und hat dieser Tage das Zertifikat für Hochschuldidaktische Kompetenz erworben. Außerdem liebt er Science-Fiction-Literatur und Fantasy-Rollenspiele. Und abends? Da bringt er seinen kleinen Sohn ins Bett.

Zur Person

Lukas Daniel Klausner (36) arbeitet am Institut für IT-Sicherheitsforschung und am Center for Artificial Intelligence der FH St. Pölten. Zuvor war er an der TU Wien tätig, wo er sub auspiciis promovierte. Er befasst sich u. a. mit Arbeitsstandards in Zeiten algorithmischen Lieferketten-Managements oder mit algorithmischer Entscheidungsfindung und organisationaler Verantwortung.

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