Fünf Jahrzehnte Industriedesign als Studienzweig in Linz – darauf blickt eine ziemlich gegenwärtige Ausstellung im Designforum Wien zurück.
Fünfzig Jahre. In der Design-Zeitrechnung gilt das fast schon als Ewigkeit. Die Geschichte der Menschheit läuft schon deutlich länger. Die meiste Zeit davon auch, ohne dass jemand irgendetwas „Design“ genannt hätte. Auch wenn der steinzeitliche Faustkeil retrospektiv sogar als „erstes Designobjekt“ bezeichnet wurde. Zigtausende Jahre nach seiner „Erfindung“, 1973 nämlich, ist die erste Meisterklasse „Industrial Design“ an der Kunstuniversität Linz angetreten. Auch um zu erforschen, was „Design“ denn so alles bedeuten könnte. Für die Gesellschaft etwa. Vielschichtiger ist für viele auch 50 Jahre später das Bild von Design trotzdem nicht geworden: „Für manche Unternehmen bedeutet Design heute noch immer hauptsächlich Verschönerung“, erzählt der Leiter der heutigen Studienrichtung Industrial Design in Linz, Mario Zeppetzauer. Das kommt, weil sich Design über „schöne Renderings, Modelle und ästhetische Bildsprache viel einfacher konsumieren lässt“, wie der Designer Marek Gut, der auch im Studiengang unterrichtet, meint. Die Auseinadersetzung mit den tieferen Zusammenhängen, das überlässt man dann doch wieder lieber dem Design. „Wir sind zwar keine Erfinder“, sagt Gut, aber „wir sind lösungsorientierte Beobachter“.
Manche Aufgabe des Designs hat sich auch in 50 Jahren nicht gewandelt. Eine davon hat Horst Meru einst in der Gründungsschrift der „Meisterklasse“ formuliert: „Der Industrial Designer hat die Rolle als Anwalt der Sinne und des Sinnvollen wahrzunehmen.“ Und seitdem ist unter diesem Anspruch so einiges in Linz entstanden: an Projekten, Produkten, Prozessen und Ideen. Die Ausstellung „Beyond Aesthetics“ rahmt und gliedert nun dieses breite Spektrum, Anlauf für ihre Wanderung durch Österreich nimmt sie gerade im Designforum Wien. Schon ihr Titel richtet die inhaltliche Kompassnadel aus. Um dieses hartnäckige Bild vom „Verschönern“ und „Stylen“ zu drehen. Hin zur komplexen Realität, durch die das Design neue Fäden quer über Kontexte, Disziplinen und Kompetenzen spannt. Und gerade darauf werden die Studierenden auch losgelassen: „Kooperationen mit Unternehmen während des Studiums führen sie auch hinaus aus der geschützten Experimentierblase“, sagt Elke Bachlmair, Professorin für Design Strategy. Die gestalterische, strategische und kreative Auseinandersetzung muss auch nicht immer in ein Produkt münden, meint sie: „Es kann genauso gut auf ein innovatives Material, die Neuaufstellung eines Prozesses hinauslaufen. Wir bewegen uns zwar in einer Welt der Dinge. Aber nicht unbedingt der Dinge wegen.“