175 Jahre „Die Presse“

15 in 175: Die Redaktionsadressen

Am Kohlmarkt 1 wurde 1848 „Die Presse“ gegründet.
Am Kohlmarkt 1 wurde 1848 „Die Presse“ gegründet. Christopher Dickie
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Barockes „Bethaus“, Brünner Exil, Hoteletagen: Wo 1848 alles begann, in welchen Gründerzeitjuwelen die „Neue Freie Presse“ ab 1864 werkte und wo „Die Presse“ 1946 auferstand. Eine Spurensuche.

„Zur großen Bethen“ hieß das barocke Haus, in dem 1848 alles begann: Benannt nach den Rosenkranzverkäufern im damals nahen Paternostergässchen. Kontrovers zum alten Hausnamen formierte sich hier das neue Sprachrohr der Revolution: Das Motto: „Gleiches Recht für alle!“ rüttelte von der Ecke Graben/Kohlmarkt aus die Welt auf.
Das heutige Haus „Zum Husaren“ mit Reiter obenauf wurde übrigens erst 48 Jahre später erbaut: 1896. Zufall, dass die „alte“ Presse am 31. Oktober jenes Jahres zum letzten Mal erschien? Gründungshaus und Zeitung verschwanden zeitgleich im Reich der Geschichte.

Zuvor hatte das Blatt mit politischen Umbrüchen, aber auch einem extremen Bau- und Abrissboom zu kämpfen: Die Stadtmauer, Hunderte Häuser und viele kleine Gässchen und Plätze verschwanden, an ihrer Stelle entstanden neue große Häuser - die Gründerzeit. Die Folge: Sechs Umzüge, fünf davon in den ersten vier Jahren - samt einjährigem Brünner Exil.

Bereits am 6. Oktober 1848 zog man vom „Bethaus“ am Kohlmarkt in die Tuchlauben 435 (heute 11), und residierte im 2. Stock des 1837 errichteten Neubaus. Ab 15. April 1849 lautet die Redaktionsadresse dann Wollzeile 771 (heute 1–3). Aber auch nur kurz: vom 1. Jänner bis 4. Dezember 1850 wurde das Blatt in Brünn (Großer Platz/Josephstadt) produziert.
Nach zehn Monaten Pause erschien „Die Presse“ wieder in Wien, in der frisch eingemeindeten Leopoldstadt: Die Adresse vom 25. September 1851 bis 19. Oktober 1852 lautete „Leopoldstadt an der Donau 662“ (heute Untere Donaustraße 35 im zweiten Bezirk.

Nicht nur „Die Presse“ zog oft um – auch die Adressen an sich wandelten sich: Hausnamen wurden mit Konskriptionsnummern ergänzt, diese änderten sich durch Bautätigkeit immer wieder. 1864 wurde das heutige System – Straße plus Hausnummer – eingeführt. So wurde etwa aus der Redaktionsadresse „Weißgerber, Gärtnergasse 114“, die Gärtnergasse 6 in Wien Landstraße. Hier hatte „Die Presse“ von 1852 bis 13. November 1882 ihre Redaktionsadresse. Ab dann ist das Haus Berggasse 31 angegeben, ganz frisch von Baumann und Bressler erbaut. Hier erschien dann 1896 die letzte Ausgabe der „ersten“ Presse.

„Neue Freie Presse“: Die Doppelhausredaktion

Für den Fortbestand der Presse war es also ganz praktisch, dass bereits ab 1. September 1864 die - wegen interner Differenzen abgespaltene - „Neue Freie Presse“ im im Redaktionsbüro Kärntner Ring 12 erschien. Sie residierte nobel im 1862er-Neubau von Johann Romano und August Schwendenwein, bevor sie am 1. September 1869 in die nahe Fichtegasse 9 übersiedelte. Dort war ein Gründerzeitjuwel von Carl Tietz bezugsfertig. Einer der letzten Bauten des deutschen Architekten, der für den Bau des Circus Renz nach Wien geholt worden war und 1869 wegen psychischer Probleme in eine Nervenklinik in Oberdöbling kam. Kein Wunder: Er war zu dieser Zeit für 36 Baustellen zuständig, und sollte sich von dieser Überforderung auch nicht mehr erholen.

Quelle: Anno, Stadtpläne Wien Wiki. Angaben ohne Anspruch auf Vollständigkeit

Ab dem 1. September 1924 – man blieb dem Datum treu – ist als Redaktionsadresse Fichtegasse 9–11 angegeben. In der „Doppelhausredaktion“ erschien am 31. Jänner 1939 dann auch die letzte Ausgabe der „Neuen Freien Presse“ mit der wohl nicht ganz frei gewählten Headline „Der Führer vor dem Großdeutschen Reichstag: ,Ich glaube an einen langen Frieden‘“. Mit nur drei Adressen in 75 Jahren Bestand war sie jedenfalls besonders standorttreu.

„Die Presse“: Sieben Adressen in 77 Jahren

In der Wollzeile 11 erschien am 26. Jänner 1946 die erste Ausgabe der „Presse“ im zweiten Stock des heutigen Morawa - zuerst noch wöchentlich, später wieder täglich. Ab 1948 residierte man in der Beletage der Universitätsstraße 5, ab 1956 im Pressehaus am Fleischmarkt 3, bis man 1963 im modernen – Stichwort Rohrpost – Hochhaus in der Muthgasse 2 ansässig wurde.

1985 rückte man wieder mehr ins Zentrum und bezog einige Etagen des Hotels Marriott am Parkring 12a, 2006 ging es schließlich in die Hainburger Straße 33 nach Wien Landstraße. Hier erscheint „Die Presse“ bis heute – und hoffentlich noch lang. Umgezogen ist die Zeitung ja oft genug.

Jubiläum

Welche Zukunft haben Liberalismus und Meinungsfreiheit? Diese Frage stellte sich im Revolutionsjahr 1848, als „Die Presse“ erstmals erschien. Und sie stellt sich heute mehr denn je. In unserem Schwerpunkt zum Jubiläum blicken wir zurück und nach vorne.

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