Mein Montag

Wie normal ist das Normale, und wollen wir so sein?

Ist das die Normalität? Für manche ja, für manche nein.
Ist das die Normalität? Für manche ja, für manche nein.Erich Kocina
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Was als normal gilt, hängt vom Standpunkt ab. Über ein Wort, das ziemlich relativ ist.

Mittlerweile ist positiv ja wieder positiv besetzt. Das war während der Coronazeit nicht so. Da waren alle happy, wenn man negativ war. Und mit Meldungen wie „Jetzt sei doch bitte nicht so negativ“ wäre man negativ aufgefallen – also wirklich negativ, nicht wieder im verkehrten Sinn. Ach, gar nicht so einfach. Es kommt halt oft auch auf die Zeit an, wie manche Begriffe besetzt sind. Normal, zum Beispiel. Als Kind will man meist so sein wie die anderen, nur ja nicht aus der Reihe tanzen. Dann kommt das Alter, in dem man nur ja nicht so sein will wie der Rest der Welt – auf dem Weg zur eigenen Persönlichkeit wird „normal“ fast schon zum Schimpfwort. Und im Erwachsenenalter? Sagen wir so, es kommt darauf an. Aber tendenziell wird man irgendwann wohl dazu neigen, das bequeme Sitzen auf der Couch als erstrebenswerten Zustand zur Normalität zu erheben. Und für diese Normalität auch gegenüber der Außenwelt in eine Verteidigungshaltung zu gehen.

Normal kann vieles ausdrücken. Dass etwas nicht außergewöhnlich ist, zum Beispiel. „Wie war es in der Schule?“ „Normal.“ Also ohne Höhepunkte, einfach nur so. Aber was für die einen normal ist, ist für andere vielleicht eher ungewöhnlich. Im chinesischen Restaurant mit Messer und Gabel essen? Für viele Europäer vermutlich bequemer, aber ist das deswegen normal? Chinesen sehen das wohl anders. Wirklich schwierig wird es aber ohnehin erst dann, wenn man die eigene sogenannte Normalität zur Norm erklärt. Und andere, die nicht in diese Realität passen, als abnormal abkanzelt. Eine derart verengte Sicht versperrt den Blick auf Neues, auf Dinge, die das Leben vielleicht interessanter, spannender und offener machen könnten.

Normalität kann beruhigend sein. Aber halt auch langweilig. Dass das jeder anders sehen kann, ist übrigens ganz normal. Im positiven Sinne.

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

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