Analyse. Ein Todesfall in Marseille weckt Angst vor neuen Krawallen – und in der Politik eskaliert die Polemik. Die Rechtspopulistin Le Pen will aus den Ereignissen Kapital schlagen.
Eine Meldung aus Marseille weckte am Mittwochmorgen schlimmste Befürchtungen. Gerade erst war nach den gewaltsamen Unruhen in Frankreich relative Ruhe eingekehrt. Doch dann meldeten mehrere lokale Medien aus Marseille, dass dort in der Nacht auf Sonntag im Zentrum der Stadt ein 27-jähriger Mann auf seinem Roller von einem Hartgummigeschoss im Brustbereich getroffen und so schwer verletzt worden war, dass er später im Krankenhaus seinen Verletzungen erlag.
Da in dieser Nacht in der Nähe Konfrontationen zwischen jugendlichen Plünderern und der Polizei stattfanden, bei denen die Ordnungskräfte vermutlich auch Hartgummigeschosse einsetzten, hält die Staatsanwaltschaft einen Zusammenhang mit den Krawallen für möglich. Sie beauftragte die interne Polizeiaufsichtsbehörde IGPN mit der Aufklärung des Falls. Ermittelt wird zudem wegen Körperverletzung mit Todesfolge durch eine Waffe.
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Bemerkenswert ist dabei, dass dieser Vorfall der Öffentlichkeit mit mehrtägiger Verspätung mitgeteilt wurde. In den sozialen Netzwerken kam daher sogleich der Verdacht auf, dass etwas vertuscht würde. Die Untersuchung der IGPN soll nun so rasch wie möglich Licht in die Sache bringen. Doch haben in Frankreich nicht alle Vertrauen in die Polizeibehörde, die gegen Beamtenkollegen ermitteln muss. Falls der Todesfall durch einen absichtlichen Schuss eines Polizisten oder einen Querschläger verursacht wurde, könnte der Vorfall neue gewalttätige Unruhen auslösen. Dann wäre das Abflauen der Krawalle nur vorübergehend gewesen.
Die Spannung ist greifbar. Dies belegt auch die politische Polemik, die, wie die Krawalle, sehr rasch eskalierte und zu einer weiteren Polarisierung der politischen Extreme geführt hat.