Interview

Luise F. Pusch: „Ich finde Männer schreckenerregend“

Sie ist 79 Jahre alt, von der Pension möchte Luise F. Pusch aber noch nichts wissen: Die Erfinderin der »Gender-Pause« erzählt über ihre hürdenreiche Karriere als feministische Linguistin, den Versuch, sich nach dem Suizid ihrer einstigen Partnerin »umpolen« zu lassen. Und sie erklärt, warum sich ein Paar durchaus überlegen sollte, gerade nicht zusammenzuziehen.  

Sie gelten als „Mutter der gendergerechten deutschen Sprache“, sind die Erfinderin der Gender-Pause. Wann wurden Sie Feministin?

Luise F. Pusch: Um 1976, als ich mich der Frauenbewegung angeschlossen habe. Die wussten, dass ich Linguistin bin, und fanden es total unpassend, dass ich so männlich daherredete. Da habe ich mich zuerst quergestellt: „Ich sehe das Ganze als System, nicht nur einzelne Wörter. Das Wort Buch kommt eigentlich von Buche und niemand denkt dabei an einen Baum, daher denke ich bei ‚das kann man so nicht sagen‘ auch nicht an einen Mann, sondern an Menschen.“ Ich habe mich da ein bisschen aufgespielt, das hat sie aber nicht weiter beeindruckt. 

Was geschah dann?

Senta Trömel-Plötz schrieb 1978 den Aufsatz über „Linguistik und Frauensprache“ – und wurde von Hartwig Kalverkämper stark angegriffen. Er traktierte uns mit seinem Mansplaining. Ich habe mich dann intensiv mit dem Deutschen auseinandergesetzt und festgestellt, dass alles noch viel schlimmer ist, als die Frauenbewegung meint. Letztlich habe dann ich auf Kalverkämper reagiert, damit er merkt: Da ist nicht nur eine Wahnsinnige, die Ungerechtigkeiten in der Sprache sieht, da ist ein ganzes Nest.

Was stört Sie im Deutschen am meisten?

Die Ableitung ist der Grund für die Diskriminierung: Das Männliche wird als Norm hingestellt, die Frau als Abweichung. Das hat geschichtliche Gründe: Männer sprachen in der Öffentlichkeit mit Männern über Männer, weil die Frauen im Privatleben gefangen blieben; ähnlich wie jetzt in Afghanistan. Die Frau hatte in der Öffentlichkeit nichts zu suchen. Es gab nur männliche Studenten. Als ab 1890 Frauen studieren durften, gab es weibliche Studenten, die Studentin kam erst viel später.

Als einen Ausweg schlagen Sie in „Das Deutsche als Männersprache“ vor, dass sich Männer im generischen Feminin doch einfach „mitgemeint“ fühlen könnten.

Ja. Oder man nimmt neutrale Oberbegriffe wie bei das Pferd. Von ihm sind die Stute und der Hengst die weibliche und männliche Form. Genauso könnte man sagen: das Professor als Oberbegriff für die Professorin und der Professorich oder der Professoron. Dass das Wort für den Mann zugleich der Oberbegriff ist, geht nicht.

Sprechen Sie im Alltag derart ausgewogen?

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