Wirtschaftskriminalität

Drei Jahre nach Pleite laufen Ermittlungen um Commerzialbank weiter

Anklagen gab es bis dato keine.
Anklagen gab es bis dato keine. APA/ROBERT JAEGER
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Die WKStA führt 57 Beschuldigte, darunter zwölf Verbände. Bisher gab es keine Anklagen, aber einzelne Einstellungen und Diversionen.

Drei Jahre nach der behördlichen Schließung der Commerzialbank Mattersburg wegen mutmaßlicher Bilanzfälschungen sind die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) weiter voll im Gange. Insgesamt gibt es derzeit 57 Beschuldigte, darunter zwölf Verbände, teilte ein Sprecher mit. Im Hauptverfahren werden 24 Personen und zehn Verbände als Beschuldigte geführt. Anklagen gab es bisher keine, aber einzelne Einstellungen und Diversionen.

Unter den vier Diversionen war auch eine mit Ex-Landesrat Christian Illedits (SPÖ), der 2020 im Zuge der Causa Commerzialbank zurückgetreten war, weil er als Aufsichtsratspräsident der Fußballakademie Burgenland ein mit Widmung versehenes 100-Gramm-Goldblatt vom SV Mattersburg zu seinem 60. Geburtstag im Jahr 2018 angenommen hatte. Wann es zu ersten Anklagen komme, sei nicht vorhersehbar, meinte ein Sprecher der WKStA. Es handle sich um ein berichtspflichtiges Verfahren, wodurch man auch von anderen Stellen abhängig sei.

Größte Pleite im Burgenland jemals

Ermittelt wird unter anderem wegen gewerbsmäßigen schweren Betrugs, Untreue, betrügerischer Krida und Geldwäscherei. Die Hauptbeschuldigten im Verfahren sind Ex-Bankchef Martin Pucher und Ex-Vorständin Franziska Klikovits, die die Ermittlungen am 14. Juli 2020 mit einer Selbstanzeige ins Rollen brachten. Noch am selben Tag wurde die Bank von der Finanzmarktaufsicht (FMA) behördlich geschlossen und ein Regierungskommissär eingesetzt. Mit erfundenen Spareinlagen, „Luftbuchungen“ und fingierten Krediten soll das Bilanzbild besser dargestellt worden sein als es war.

Was von der Commerzialbank bleibt, ist die größte Pleite, die es jemals im Burgenland gegeben hat. Rund 400 Gläubiger fordern im Konkursverfahren mehr als 826 Mio. Euro. Die Überschuldung liegt bei 700 Mio. Euro. Über 157 Millionen dürften bar aus der Bank getragen worden sein - teilweise zum SV Mattersburg, dessen Präsident Pucher war.

Die Aufarbeitung der Bankpleite hat in den vergangenen drei Jahren immer wieder für Aufregung gesorgt. So geriet etwa auch Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) kurzzeitig ins Visier der Justiz. Die ÖVP Burgenland zeigte ihn und FMA-Chef Helmut Ettl wegen mutmaßlicher Falschaussage im Commerzialbank-Untersuchungsausschuss an, weil sich die beiden in Hinblick auf die Informationsflüsse vor der Schließung der Bank widersprochen hatten. Doskozil wurde befragt und sein Handy ausgewertet, das Verfahren gegen beide letztlich eingestellt.

Ahnungslose Mitarbeiter und Aufsichtsräte

Aber auch zahlreiche Klagen beschäftigten die Justiz - unter anderem gegen Wirtschaftsprüfer TPA, die Republik Österreich und das Land Burgenland, das als Revisionsverband der Mehrheitseigentümerin der Bank tätig war. Sowohl die Republik als auch das Land haften aber laut Urteilen nicht für durch die Bankpleite entstandene Schäden.

Die ehemaligen Mitarbeiter, Aufsichtsräte und Vorstände lieferten im U-Ausschuss ein bezeichnendes Bild von den Vorgängen in der Bank. Sie wollten von Unregelmäßigkeiten nichts mitbekommen haben und gaben sich ahnungslos. Klikovits gab an, dass 50 Prozent der Kredite, 95 bis 98 Prozent der Interbankveranlagungen und zehn Prozent der Kundeneinlagen, die ausgebucht wurden, „Fake“ gewesen seien.

Pucher selbst betonte, dass er Verantwortung übernehmen wolle, und berichtete von Goldgeschenken an Politiker. Er sagte, dass Alt-Landeshauptmann Hans Niessl, die ehemalige Mattersburger Bürgermeisterin Ingrid Salamon (beide SPÖ) und Ex-Wirtschaftslandesrat Karl Kaplan (ÖVP) Goldplättchen erhalten haben sollen. Alle drei wiesen das zurück.

Nationalbank und FMA sprachen von einem „Kriminalfall“ und sahen sich nicht in der Verantwortung. Landeshauptmann Doskozil sah das anders und meinte, dass die Bankenaufsicht „auf Kindergartenniveau versagt“ habe - obwohl es zwei Whistleblower-Meldungen gegeben habe. Die Opposition wiederum sah auch beim Land Verantwortung. Verfahrensrichter Walter Pilgermair kam nach dem U-Ausschuss aber zu dem Schluss, dass es keine Verfehlungen des Landes gegeben habe. Wer tatsächlich die Verantwortung trägt, wird sich wohl ohnehin erst vor Gericht klären lassen.

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